Paul Bauder GmbH & Co. KG | Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
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Paul Bauder GmbH & Co. KG | Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
Wer heute in Erfurt aufs Dach steigt, spürt schnell: Das Handwerk, genauer gesagt das Dachdeckerhandwerk, ist ein halbes Jahrhundertklumpen aus Tradition, Wettern, Technik und – das meine ich ernst – echtem Stolz. Dachdeckermeister zu werden ist kein Schnellschuss; weder mit fünf Youtube-Tutorials noch mit der reinen Liebe zum Lattenrost. Hier oben, zwischen Altstadtturm und Plattenbaukante, ist Fachlichkeit gefragt. Und Kopf – vor allem für all jene, die hier einsteigen oder sich im Beruf umorientieren. Wobei: Beruf klingt so abgeschlossen – dabei ist der Job ein einziger Prozess.
Man landet selten auf demselben Dach zweimal. Sicher, es gibt Routineelemente: Flachdachsanierung, Ziegeleindeckung, Abdichten, Wärmedämmung. Dann wieder Altbau, dann wieder Neubau, immer ein anderes Spiel mit Material, Baustatik, Zeitdruck. Für Berufseinsteiger kann das wie ein Sprung ins kalte Wasser sein – besonders, wenn man aus Lehrberufen oder anderen Handwerksfeldern kommt. Aber: Wer den Blick riskiert, merkt schnell, dass Technik und Menschenkenntnis genauso zählen wie Muskelkraft. Die Arbeiter auf dem Gerüst? Häufig ein vielsprachiges Team; der Bauherr, mal vorsichtig, mal fordernd. Ob Shingel oder Bitumen, die beste Verbindung ist immer ein gutes Gespräch.
Man sagt gern, der Meistertitel sei die Eintrittskarte in die erste Reihe. Aber damit ist’s nicht getan. In Erfurt, wo das Klima zwischen Kontinental und Mittelgebirge schwankt (und Sommergewitter schonmal die Dachrinnen fluten), braucht es mehr als Prüfungswissen. Wer Verantwortung übernehmen will – für Material, Leute, Termine und alles, was dazwischenfällt –, wird mit jeder Baustelle ein bisschen mehr „Chef“. Das klingt größer, als es oft ist. Ich erinnere mich, bei meinem ersten eigenen Projekt wusste ich bei der Hälfte der Fragen die Antwort nicht auf Anhieb. Die Kunst ist, zuzugeben, wenn man’s eben nicht weiß – und trotzdem handlungsfähig zu bleiben.
Stichwort Energiewende. Gerade in einer Stadt wie Erfurt, wo Bestandssanierung mehr und mehr in den Vordergrund rückt: Ohne soliden Umgang mit moderner Dämmtechnik, Dampfbremsen, Photovoltaik und Gründachsystemen ist der Dachdeckermeister von heute – naja, sagen wir mal: analog statt zukunftsfähig. Wer technikaffin ist, findet hier ein erstaunlich breites Spielfeld. Die Nachfrage nach nachhaltigen Bauweisen, nach CO2-optimierten Dächern, nimmt zu. Man kann das als Belastung sehen („Noch ein Seminar, noch ein Zertifikat...“) – oder als Einladung, über den First hinauszudenken.
Die Zahlen? Für Einsteiger mit Meistertitel liegen die Gehälter in Erfurt aktuell meist bei 2.800 € bis 3.400 €. Mit ein paar Jahren Erfahrung und Verantwortung für eigene Teams bewegen sich die Beträge leicht Richtung 3.500 € bis 4.000 €. Mehr ist durchaus drin – insbesondere bei Spezialkenntnissen, zum Beispiel rund um Dachbegrünung oder komplexe Sanierungen. Im Osten mag die Preislage traditionell etwas niedriger sein als anderswo, aber wer Fachwissen, Engagement und Gelassenheit im Regen mitbringt, wird nicht mit Applaus, sondern auch mit ordentlicher Bezahlung belohnt. Nur: Reich wird hier oben keiner in Rekordzeit. Wobei – was ist schon Reichtum, wenn man am Ende des Tages den Dom und die Gera aus der Vogelperspektive sieht?
Was viele unterschätzen: Die Nachfrage nach echten Könnern ist in Erfurt nicht nur stabil, sondern wächst. Zwischen Landesgartenschau-Projekten, Denkmalschutzauflagen und energetischer Dachsanierung fehlt es nicht an Aufgaben – wohl aber an Nachwuchs. Viele Betriebe suchen händeringend nach Leuten, die bereit sind, nicht nur Werkzeug, sondern auch Verantwortung in die Hand zu nehmen. Weiterbildung? Kein bloßes Add-on, sondern fast schon Überlebensstrategie. Die Themen reichen von modularen Photovoltaik-Lösungen bis hin zu Arbeitssicherheitsschulungen, die mehr sind als nur Theorie in Neonwesten.
Übrigens – manchmal steht man da oben auf dem Dach und merkt plötzlich, dass Handwerk nicht einfach Gewerbe ist. Sondern: Eine Mischung aus Verantwortung, Technik, Teamgeist und, ja, ein bisschen Erfurter Eigenart. Und das ist dann, ehrlich gesagt, das eigentliche Privileg in diesem Beruf.
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