Landesbildungszentrum des Sächsischen Dachdeckerhandwerks e.V. | Aue-Bad Schlema
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Landesbildungszentrum des Sächsischen Dachdeckerhandwerks e.V. | Aue-Bad Schlema
In Dresden braucht man schon eine gewisse Schräglage, im wortwörtlichen wie übertragenen Sinne, um als Dachdeckermeister durchzustarten. Die Stadt, geprägt von Gründerzeitvillen, Plattenbauten, barocken Kuppeln und, nicht zu vergessen, jeder Menge sanierungsbedürftigen Nachkriegsbestands, bietet eine Spielfläche wie kaum eine andere. Wer als Berufseinsteiger, Quereinsteiger oder Fachkraft darüber nachdenkt, sich diesem Mix aus Tradition und Modernisierung zu stellen, dem wird jedenfalls nicht langweilig.
Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Dachdeckermeister zu werden, heißt mehr als nur Schindeln verlegen. Es geht um Baustellenleitung, Organisation, Kundenberatung, Materialkenntnis und, ja, auch um Kalkulation – spätestens, wenn die ersten Angebote an Häuslebauer rausgehen und die Preise für Bitumen, Ziegel und Holz mal wieder Achterbahn spielen. Ich habe erlebt, wie die besten Handwerker vor einem Baustellenzettel stehen und fluchen, weil die Lieferzeiten erneut nicht gehalten wurden. Dresden ist da keine Insel der Glückseligen, auch wenn die Baustellen mit Blick auf die Elbe eine ganz eigene Poesie entfalten.
Aber bleiben wir auf dem Dach – es gibt, was viele unterschätzen, in Dresden einen bemerkenswerten Druck auf dem Arbeitsmarkt. Fachkräfte wandern ab, die Jungen zieht es oft ins Ingenieursstudium oder ganz raus aus dem Bau. Klingt erst mal trist? Stimmt nicht ganz: Wer sich wirklich reinhängt, hat hier als Dachdeckermeister hervorragende Chancen. Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, energetische Sanierungen, Denkmalschutz, Flachdächer auf Gewerbehallen – ein Bethesda für Leute, die mehr als Routine wollen. Ich persönlich habe festgestellt, dass sich monoton wiederholende Neubausiedlungen in Dresden ohnehin so schnell nicht durchsetzen. Zu divers, die Gebäudestruktur, zu traditionsbewusst die Eigentümer.
Zur Praxis: Die klassische Woche ist selten 08/15. Wer glaubt, das Arbeitsleben spiele sich ausschließlich zwischen 6 Uhr morgens und 16 Uhr ab, sollte den Wecker neu stellen. Im Sommer ist die Mittagshitze gnadenlos, im Winter sind es nicht selten Eiszapfen, die den Takt vorgeben. Heißt: Flexibilität ist Pflicht. Und dann die Technik. Viele Betriebe in Dresden investieren mittlerweile in Drohnen für Dachinspektionen, aber das ersetzt keineswegs das Fingerspitzengefühl auf dem Schieferdach der Schönfelder oder der Altbaureihen in Striesen. Digital affine Köpfe sind gefragt, doch am Ende entscheidet doch der handfeste Blick für Details.
Apropos Blick – der auf den Lohnzettel lohnt durchaus. Wer als Einsteiger loslegt, startet in Dresden häufig bei 2.800 € bis 3.100 €, spätestens mit zunehmender Verantwortung winken 3.400 € bis 3.800 € – nach oben ist Luft, wenn man sich in Spezialsegmente, etwa denkmalgeschützte Objekte oder regenerative Energien (Stichwort Solardach), hineinfuchst. Zu viel Gejammer über die Bezahlung höre ich selten – eher Überraschung, wie stabil das Geschäft läuft, während andere Branchen wanken.
Bleibt die Frage, ob das alles etwas für jeden ist. Meine Erfahrung? Wer gerne im Team arbeitet, keine Höhenangst kennt und improvisieren kann, wird sich nicht lang über fehlende Herausforderungen beklagen. Ein bisschen stur darf man sein, ein bisschen neugierig sowieso. Weiterbildung? Gibt’s zuhauf, von Energieberaterkursen bis hin zu Bauthermografie. Dresden mag traditionsverhaftet wirken, doch der Beruf Dachdeckermeister ist hier längst nicht von gestern. Und während auf der einen Straßenseite das Dach neu eingedeckt wird, werden auf der anderen vielleicht schon die nächsten Generationen ausgebildet – irgendwie typisch Dresden, irgendwie beruhigend. Oder etwa nicht?
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