Landesbildungszentrum des Sächsischen Dachdeckerhandwerks e.V. | Aue-Bad Schlema
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BMW AG Niederlassung Chemnitz | Röhrsdorf
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Ehrlich gesagt, manchmal wache ich auf, blicke raus auf die Dächer Leipzigs und frage mich: Wer hat eigentlich je behauptet, unser Gewerk sei altmodisch? Ja, die meisten Leute sehen vor allem die Schieferplatten und Ziegel, das Kupferblech, die Regenrinne – dabei ist das hier längst kein Museumshandwerk mehr. Insbesondere nicht in Leipzig, wo die Baustellen wachsen wie Pilze nach einem warmen Augustregen, und wo denkmalgeschützte Fassaden genauso nach moderner Abdichtung rufen wie neue Passivhäuser nach energieeffizienter Metallkonstruktion. Da kann man als Berufseinsteiger entweder den Kopf einziehen – oder raus aufs Dach klettern und anpacken.
Was vielen nicht klar ist: Als Bauklempner im Dachbereich läuft man eben nicht nur mit Blechschere und Lötkolben durch die Gegend. Die Branche hat in den letzten Jahren eine Metamorphose hingelegt, so leise und unauffällig wie die Arbeit selbst oft erscheint. Heute werden auf vielen Leipziger Baustellen schon Messgeräte mit Lasertechnik gezückt, bevor irgendwas zugeschnitten wird. Pläne kommen als 3D-Modell aufs Tablet, statt als zerknitterte Papierrolle. Schön für die Finger – aber trotzdem kein Grund, den Muskelkater zu unterschätzen.
Was heißt das für Neueinsteiger? Viel Technik, noch mehr Handarbeit, heikle Wetterlagen. Und ein Arbeitstag, der sich selten streng nach Uhrzeiten richtet – dafür umso mehr nach der guten alten Niederschlagswahrscheinlichkeit. Im Ernst: Wer im Dachbereich arbeitet, merkt schnell, dass selbst digitalste Planung den plötzlichen Hagel nicht auf dem Schirm hat. Wer nicht hinnehmen kann, dass die Natur immer mitredet, wird auf Leipzigs Baustellen keinen Spaß haben. Aber wer das Wetter als Herausforderung nimmt, hat etwas, das kein Bürojob bietet.
Was das Finanzielle angeht – auch so ein Punkt, bei dem ich Leute oft nicken sehe, ohne es wirklich zu begreifen. Je nach Qualifikation, Betriebszugehörigkeit und manchmal auch Glück reden wir von durchschnittlichen Einstiegsgehältern zwischen 2.400 € und 2.900 €. Mit wachsender Erfahrung, Zusatzzertifikaten oder gar einem Meistertitel landet man gut und gerne bei 3.000 € bis 3.600 €. Klingt nicht nach High Society, ist aber – gemessen am regionalen Durchschnitt – durchaus solide aufgestellt, auch im Vergleich zu anderen handwerklichen Berufen in Sachsen. Für die, die richtig was reißen wollen, gibt's nach oben übrigens noch Luft. Mein Gefühl? Wer mit beiden Beinen (und gelegentlich auch Händen) auf dem Dach steht, verdient sein Geld ehrlicher als so mancher in der Halbliterlounge am Augustusplatz.
Ein Punkt, der in Leipzig immer präsenter wird: Die Aufträge werden vielseitiger. Energetische Sanierung, Dachbegrünung, Solaraufbauten – Begriffe, die schon fast nach Start-up riechen, jetzt aber Auftragsbücher füllen. Tatsächlich hängt an jedem zweiten Altbau inzwischen ein „Energieeffizienz“-Schild. Und wer als Dachdecker Bauklempner einfach nur Bleche biegen will, verpasst was. Wer neugierig bleibt, kann sich in alle möglichen Richtungen fortbilden: Flachdachabdichtung, Bauwerksabdichtung, Einbau von Photovoltaikanlagen … langweilig wird es so schnell nicht. Einerseits fordern Gesetze und Normen immer mehr (Stichwort: GEG, also Gebäudeenergiegesetz), andererseits bleibt aber auch das klassische, saubere Handwerk gefragt. Was viele unterschätzen: Ohne Spürsinn für Details geht auf Leipzigs Dächern gar nichts – das sieht der Kunde spätestens nach dem nächsten Herbststurm.
Natürlich gibt es die Tage, an denen man Flüche aufs Wetter und auf fünfstöckige Altbautauben schickt. Es gibt aber eben auch die Momente, in denen du auf dem hohen Dach stehst und der Blick reicht bis ins Neuseenland – und für einen Moment bist du der König der Ziegel. Das muss man mögen. Und jeder, der in Leipzig überlegt, einzusteigen oder zu wechseln, sollte sich genau fragen: Liegt dir das? Arbeit mit Schweiß und Stolz und manchmal Blasen an den Händen? Aus meiner Sicht lohnt es sich – gerade, weil sich die Branche neu erfindet und Leipzig als Stadt der Baustellen ungebremst nach oben wächst. Wer sich traut, bekommt mehr als einen „Job“: ein Handwerk, das nie veraltet, sondern immer wieder neu herausfordert. Ob das die große romantische Geschichte ist oder einfach solide Arbeit – das entscheidet am Ende jede und jeder auf dem eigenen Dach.
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