Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) | 50667 Köln
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Explicatis | 50667 Köln
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Mal ehrlich: Wer in Köln einen Fuß in die Welt der Computerlinguistik setzen will, muss schon ein gesunder Mix aus Sprachnerd und Datenjongleur sein. Klingt charmant, ist aber anstrengender, als so mancher denkt. Die Frage, wie Maschinen eigentlich mit uns Menschen sprechen und – das ist fast perfider – wie sie uns überhaupt verstehen, ist immerhin alles andere als trivial. Und irgendwo zwischen römischem Stadtmauerrest und Plastikkarneval trifft in Köln, dieser widerspenstigen Metropole, jahrzehntelange Sprachtradition auf brüllend moderne Technologie. Manchmal habe ich das Gefühl, der Rhein rauscht an manchen Tagen nur deshalb so laut, weil dort gerade wieder eine KI am rheinischen Dialekt verzweifelt.
Man hat ja so seine Vorstellungen. Wer Computerlingwist wird, sitzt dann im schicken Loft-Büro, trinkt Flat White und unterhält sich mit einem Kollegen aus Finnland über semiotische Relationen im Vektorraum. In Köln? Vielleicht. Aber meistens ist die Realität technischer, kleinteiliger und: erstaunlich kollaborativ. Sprachdaten müssen mühsam aufbereitet und annotiert werden, Codezeilen sind keine Kunstwerke, sondern pragmatische Notwendigkeit. Nicht selten grüßt hier das Python-Notebook, das gestern noch seinen Dienst tat und heute stur die Fehlermeldung ausspuckt wie der Köbes in der Altstadt das nächste Kölsch. Und doch: Gerade diese Mischung aus nerdiger Forschungsneugier und praktischen Problemen erzeugt eine spezielle Dynamik – einen Alltag, der weder komplett in der Wissenschaft noch zu 100 Prozent in der Softwareentwicklung verankert ist.
Köln mag nicht Berlin sein – aber unterschätzen sollte man die hiesige Szene nicht. Was mir immer wieder auffällt: Die Verbindungen zur Medienbranche, zu mittelständischen Unternehmen im Rheinland und zu den Unis gleichen einem Flechtwerk, das je nach Thema mal dichter, mal löchriger wirkt. Einerseits gibt es die analytisch angehauchten Projekte im Digitalbereich: Chatbots, semantische Suchmaschinen, automatisierte Übersetzungstechnologien. Andererseits ziehen auch die großen Konzerne an, wenn es gilt, sprachbasierte KI im Customer Support auszubauen oder verstaubte Datenarchive textanalytisch zu erschließen. Regionales Kolorit trifft auf Global Player, und manchmal kommt dann wirklich zusammen, was ohne den Standort Köln kaum interagiert hätte.
Jetzt Butter bei die Fische: Die Gehälter. Als Berufseinsteiger in Köln sollte man mit 3.000 € bis 3.500 € rechnen, erfahrene Kräfte fischen selten nach 5.000 € – außer das Aufgabenspektrum ist besonders komplex oder führt in die Industrie mit Innovationsdrang. Eine Kassette voller Sprachdaten-Annotationen macht eben noch keinen Goldesel. Manchmal irritiert mich dieser Unterschied zwischen Anspruch (hoch!) und monetärer Wertschätzung (oft: ordentlich, aber nicht berauschend). Aber: Was viele unterschätzen – die Weiterbildungsdichte vor Ort, sei es über universitäre Angebote an der Uni Köln, über Workshops in den Innovationszentren oder firmeninterne Trainings, ist beachtlich. Wer wirklich dranbleibt, kann inhaltlich enorm wachsen und sich, falls nötig, in Richtung KI-Entwicklung, Data Science oder sogar projektleitende Tätigkeiten weiterorientieren.
Bleibt – typisch kölsch – ein Rest Ironie. Da werkelt man mit Kollegen an einer Sentimentanalyse für Soziale Medien, doch der Algorithmus versteht den Kölner Humor einfach nicht. (Ob das an der Architektur liegt oder am Grundrauschen des Sprachraums?) Dieses Ringen mit der Ambiguität hat fast schon etwas Poetisches. Und ohne ein gewisses Maß an Frustrationstoleranz, ja: Resilienz, wird es manchmal eng. Aber wer in diesem Feld Fuß fasst, lernt, zwischen Zeilenschaltungen und Sprachwitzen zu leben. Oder, in anderen Worten: Man wächst mit seinen Annotationen – gerade am Rhein.
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