Hensoldt | 73447 Oberkochen
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RHEINPFALZ Mediengruppe | Ludwigshafen am Rhein
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Co Pilot – zwei Worte, die in den Ohren vieler immer noch nach Abenteuer und Pilotensonne klingen. Oder nach stumpfer Routine zwischen Start und Landung, je nach Typ und Tagesform. Zumindest war das meine Erwartung, als ich mich selbst tiefer mit dem Berufsfeld beschäftigt habe. Vor allem in Stuttgart, einem Standort, der auf den ersten Blick vielleicht weniger als Synonym für große Luftfahrt gilt als etwa Frankfurt, sich aber ganz anders präsentiert, wenn man einmal genauer hinschaut.
Wer sich als Co Pilot berufen fühlt, landet nicht in einem abgetrennten Elfenbeinturm, sondern mitten in einem organisierten Chaos aus Verantwortung, Technik und Teamdynamik. Einschalten, Checklisten abarbeiten, Funk – das ist die Oberfläche. Unter ihr: eine Mischung aus Kontrolle, Flexibilität und dem, was ich gerne als „anspruchsvolle Routine mit Überraschungsfaktor“ bezeichnen würde. Gerade in Stuttgart sind die Einsätze vielfältiger, als viele denken: Vom klassischen Linienflug über Geschäftsreiseflüge bis zu Sonderaufträgen – vielfältige Typen und unterschiedlich komplexe Abläufe bestimmen das Tagesgeschäft. Man muss sich im Cockpit genauso auf die Kollegin vorne wie auf die Unwägbarkeiten der Region verlassen – Stichwort Nebel, wechselhafte Winde und die im Südwesten gelegentlich eigensinnige Wetterlage.
Ohne überbordende Theorie kommt auch hier keiner durch. Fundierte technische Kenntnisse, Stressresistenz, ein Händchen für Kommunikation – das A und O. Was allerdings selten offen besprochen wird: Die eigentliche Kunst liegt nicht nur im „Wegdrücken“ von Warnlampen oder im Abfliegen perfekter Prozeduren, sondern auch darin, eigenen Zweifel zu steuern. Denn wer als Berufseinsteiger:in oder Umsteiger:in neu einsteigt, sieht sich rasch mit der Realität konfrontiert, dass Kompetenz eben nicht allein im Simulator oder Lehrgang wächst. Gerade in Stuttgart, wo die Strukturen oft etwas kleiner und die Hierarchien manchmal direkter sind, wird Teamwork intensiver gelebt als in manch anonymer Mega-Airline. Persönliche Reife? Unterschätzt. Und ja, den eigenen Rhythmus muss man mitbringen – auch, wenn der Wecker mal um 3:45 Uhr klingelt.
Was viele unterschätzen: Die Luftfahrt in Stuttgart bleibt ein wechselhafter Markt – aber mit Ecken und Chancen für jene, die flexibel bleiben und sich weiterbilden. Immer mehr regionale Anbieter setzen auf neue Flugzeugtypen, digitalisierte Cockpits, nachhaltigere Flottenstrategien (Stichwort: reduzierte Emissionen, neue Hybridantriebe). Wer offen für Weiterbildung und Typenschulungen ist, hat spürbare Vorteile. Nicht ganz unwichtig auch die wirtschaftliche Realität: Einstiegsgehälter für Co Piloten bewegen sich je nach Typ und Arbeitgeber meist zwischen 2.800 € und 3.400 €. Mit wachsender Erfahrung und Lizenzstufe – das bleibt kein Geheimnis – sind bis zu 4.000 € oder mehr möglich, insbesondere auf komplexeren Maschinentypen oder im Business-Jet-Segment, das in der Region Stuttgart allmählich an Bedeutung gewinnt. Reich werden? Eher nicht. Aber man kann solide davon leben – wenn man flexibel bleibt.
Wer glaubt, Stuttgart sei luftfahrttechnisch reiner Durchgangsort, irrt. Die regionale Wirtschaft – Maschinenbau, IT, Automotive – bringt zunehmend internationale Geschäftsreisen hervor. Das wirkt sich direkt auf das Aufkommen, die Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten und auf spezielle Arbeitgeber aus, von kleinen, exklusiven Anbietern bis zum etablierten Linienbetrieb. Spannend finde ich die ständige Wachsamkeit, die der Standort abverlangt – Wetterphänomene, Airspace-Spezifika, Betriebsbeschränkungen im Umland. Routine gibt’s nie ohne den kleinen Haken. Wer in den Beruf einsteigt, merkt schnell: Stuttgart ist keine exzentrische Sonderzone, aber auch kein copy-paste-Konzept internationaler Großflughäfen. Persönlich schätze ich diese Mischung – der Puls der Region, die technischen Herausforderungen und die kurzen Wege zum Team. Übrigens: Weiterbildung läuft nicht immer nach Schema. Es gibt Schulungen vor Ort, Kooperationen mit Fliegerclubs und innovative Programme, die sich gerade hier entwickeln – getrieben vom Bedarf und einem gewissen regionalen Ehrgeiz, den viele unterschätzen.
Wer als Berufseinsteiger:in oder erfahrene Fachkraft im „Co“-Cockpit durchstarten will, sollte nicht nur Träume vom Himmel im Gepäck haben. Sondern auch Lust auf Team, Technik und einen Standort, der gerne unterschätzt wird. Manchmal fragt man sich, wie lange das Berufsbild noch so bleibt, wie es ist – Digitalisierung, Automatisierung, Nachhaltigkeit stellen auch in Stuttgart ungemütliche, aber spannende Fragen. Sicher ist aber: Wer geistig beweglich bleibt, findet hier nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern ein echtes Berufsfeld mit Charakter. Eigentlich genau das, was man heutzutage mehr denn je sucht.
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