FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
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FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | Hamburg-Altstadt
FUNKE Mediengruppe | 20095 Hamburg
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Delius Klasing Verlag GmbH | 20095 Hamburg
Delius Klasing Verlag GmbH | Hamburg-Altstadt
Wer in Bremen als Chefredakteur arbeitet oder dorthin schielt, sollte sich auf eine Mischung aus hanseatischer Gelassenheit und Reporting unter rauer Brise gefasst machen. Klingt pathetisch? Vielleicht. Aber es gibt Dinge, die vergisst man nicht, wenn man einmal in einer norddeutschen Redaktion gesessen hat – und plötzlich ein Hochwasserbericht alles andere vom Tisch fegt. Das Berufsbild Chefredakteur hier ist keine bloße Schaltstelle auf dem Redaktionsplan – es ist eine permanente Gratwanderung zwischen Innovationsdruck und Traditionspflege, und das – Überraschung – mit sehr unterschiedlichen Spielräumen, je nach Haus, Medium und manchmal auch innerer Laune des Kollegiums.
Was machen Chefredakteurinnen und Chefredakteure eigentlich den lieben langen Tag in Bremen? Nein, sie sitzen nicht (nur) in Meetings und schmieden Strategiepläne. Tatsächlich gleichen die meisten Tage einem Tanz auf Seilen unterschiedlicher Dicke: Inhalte müssen nicht bloß kuratiert, sondern gegen (oder mit?) sich ändernde Zielgruppen durchgesetzt werden. Verlag oder Trägerschaft erwarten Innovationsnachweise – „Mach doch mal was Digitales, aber verliere bloß die Stammleser nicht!“ Klar, alles bitte mit knappen Mitteln.
Dazu kommt die regionale Eigenart: Während mancher Großstadtkollege seine Zeit mit „Branding-Projekten“ verbringt, müssen Chefredakteure in Bremen nicht selten entscheiden, ob sie im Zweifel noch mal eben zum Hafengeburtstag rausfahren – oder spontan eine Kollegin für die Plenarsitzung der Bürgerschaft abziehen. Vieles bleibt Handarbeit, manches ist Chefsache (ob man will oder nicht). Das ist kein Ort für automationsgläubige Dauerverwalter.
Die Technik ist längst in jede Faser des Redaktionsalltags eingedrungen. Wer glaubt, hier sei alles noch analog, hat die letzten fünf Jahre verschlafen: Datenjournalismus ist auch im Lokalen spätestens angekommen, Social-Media-Trigger bestimmen nicht selten das Nachrichtentempo. Aber, und das ist typisch bremisch, der Wandel verläuft selten im Sturmschritt. Man experimentiert, diskutiert – und ringt um den richtigen Ton. Wer als Berufseinsteiger anfängt, wird rasch merken: Es zählt die Fähigkeit, altgediente Routinen zu respektieren und trotzdem neue Wege zu bahnen, ohne den Laden gleich gegen die Wand zu fahren. Ganz ehrlich – das kann manchmal frustrierend sein. Und genau darin steckt die eigentliche Profession: Priorisieren, moderieren, sich gelegentlich um Kopf und Kragen reden und notfalls auch mal selbst die Kamera schultern.
Ein unterschätztes Feld: Diversität. Bremen, mit seiner Geschichte von Einwanderung und Weltoffenheit, verlangt andere Filter – nicht jede Perspektive ist im Redaktionssessel von vornherein sichtbar. Es ist oft der Chefredaktion überlassen, Stimmen herauszukitzeln, die sonst überhört würden.
Tja, und dann ist da noch die Sache mit dem Gehalt – ein Thema, das in der Branche von Pragmatismus geprägt wird. Je nach Verlag, Medium und Leitungsspanne liegt das monatliche Einkommen in Bremen im Bereich von 4.000 € bis 7.500 €, wobei Ausreißer nach unten und oben keine Seltenheit sind. Sicher: Der Prestige-Faktor ist hoch, aber nicht immer deckt er die Miete im Ostertor oder ein Reihenhaus in Schwachhausen ab. Speziell für Einsteiger und jene, die aus der zweiten Reihe nachrücken, bedeutet das: Schutzengel in Lohnfragen sollte man besser suchen, bevor man zu euphorisch unterschreibt.
Was einen in Bremen als Chefredakteur fit hält? Nun, man braucht ein ordentliches Handwerkszeug: Recherche-Souveränität, ein Herz für Satzbau – aber auch die innere Gelassenheit, angesichts wankender Reichweiten nicht gleich ins Schwitzen zu geraten. Zudem: Der Drahtseilakt zwischen Redaktionsklima, betriebswirtschaftlicher Logik und gesellschaftlicher Verantwortung ist hier Alltag. Manchmal frage ich mich, ob nicht die Bereitschaft, sich täglich selbst infrage zu stellen, das wahre Pfund ist, das man mitbringen sollte. Und zwar nicht nur, weil im Norden manchmal alles etwas länger dauert – sondern weil am Ende eben doch keiner einen fertigen Plan, aber jeder eine Meinung hat.
Der Berufsbereich Chefredakteur in Bremen ist nichts für Attacken auf Autopilot. Wer das sinnstiftende Chaos mag, die Mischung aus Programmatik und Pragmatismus, aus Hochglanzanspruch und Regionalpatina – der wird sich hier nicht langweilen. Und seien wir ehrlich: Wer morgens nach Kaffee und einmaliger Seite-1-Besprechung das Gefühl verspürt, dass Nachrichten hier wie der Wind drehen – der ist vermutlich am richtigen Ort gelandet.
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