Landeshauptstadt Düsseldorf | 40213 Düsseldorf
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Es gibt Berufe, die sofort Bilder im Kopf erzeugen – eben diese romantisierten Klischees à la „Sonnenaufgang am See, der Bootsbauer drechselt ein Holzruder, ringsum das Zwitschern der Vögel“. In Mönchengladbach? Wer je ein Boot auf dem Niederrhein gesehen hat, kommt schon ins Grübeln: Gibt es sie hier wirklich, die Bootsbauer? Und wenn ja – wofür braucht man einen Bootsbauer in einer Stadt, die nicht gerade als maritimes Zentrum verschrien ist? Nun, Zeit für ein paar Fakten – und ein bisschen persönliches Nachdenken zwischen Holzspänen und Hightech.
Mönchengladbach ist kein Küstenort, das ist offensichtlich. Trotzdem existiert hier seit Jahren eine kleine, aber widerstandsfähige Gemeinschaft von Betrieben: Die einen setzen auf die Wartung von Traditionsschiffen, die anderen auf innovative Freizeitboote aus Verbundmaterial. Einiges ist hier im Umbruch, vieles fordert fachliches Fingerspitzengefühl. Vor Ort ist das Bootsbauerhandwerk oft erstaunlich vielseitig – zwischen Reparatur klassischer Jollen, Umbauten für Elektromotoren und den Wünschen einer Kundschaft, die plötzlich mehr Nachhaltigkeit fordert. Wobei „mehr Nachhaltigkeit“ manchmal auch bloß bedeutet: Bitte einmal das sieben Meter lange Kajütboot auf elektrisch umrüsten. Und bitte, ohne optische Einbußen. Anspruchsvoll? Ziemlich.
Was mir immer wieder auffällt: Für Berufseinsteiger und jene, die einen echten Richtungswechsel suchen, bleibt der Beruf hier ein Spagat. Einerseits die solide Grundausbildung – viel Handwerk, Materialkunde, vor allem aber Geduld. Wer glaubt, ein Boot sei nach einem einfachen Bauplan zusammenzuschrauben, täuscht sich gehörig. Holz, Kunststoff, Metall – alles will verstanden, bearbeitet und irgendwann auch zusammengedacht sein. Andererseits schieben sich in den letzten Jahren all diese digitalen Tools ins Bild: CAD-Programme, 3D-gedruckte Bauteile, computergestützte Fräsen. Und dann diese neue Ungewissheit – wie viel von der alten Zunft bleibt, wenn plötzlich jede zweite Yachtverkleidung aus Carbon oder recyceltem Kunststoff besteht. Manchmal frage ich mich schon, ob wir als Handwerker hier am Ende nicht vom Fortschritt überrollt werden… oder ob im Gegenteil gerade jetzt die Neugier auf neue Materialien das Entscheidende ist.
Die Nachfrage? Sagen wir mal vorsichtig: Sie schwankt. In Mönchengladbach sind es weniger die Millionäre mit eigener Segelyacht als die Schiffsbesitzer von nebenan, Ausflugsunternehmen, Paddelgemeinschaften. Reparaturen bescheren dem Arbeitsalltag das nötige Grundrauschen – doch dann gibt es diese Aufträge, die das Herz höherschlagen lassen: Komplettumbauten, Restaurationen, manchmal sogar Entwicklungen für industrielle Kunden, die beispielsweise Spezialbauteile für den Maschinenpark auf dem Wasser brauchen. Kurz: Wer gerne improvisiert, Freude an Präzision, Geduld beim Spachteln und einen Sinn für Ästhetik mitbringt, findet hier seinen Platz. Und zwar mit Herz und Hirn zugleich.
Die Verdienstmöglichkeiten? Realistisch betrachtet startet man in der Region irgendwo um 2.700 € bis 2.900 € im Monat. Die Spanne nach oben ist nicht unbegrenzt, aber mit Erfahrung, Spezialwissen – besonders im Bereich moderner Verbundstoffe oder Elektrotechnik – kann es auch in Richtung 3.400 € bis 3.800 € gehen. Doch ehrlich gesagt: Reich wird man selten, wohl aber zufrieden, wenn die eigene Arbeit am Abend im Sonnenlicht glänzt (oder einfach mal ein ganzes Wochenende funktioniert).
Was ebenfalls wichtig ist – und häufig unterschätzt wird: Weiterbildung hört im Bootsbau eigentlich nie auf. Zwischen den althergebrachten Fertigkeiten und dem Tempo neuer Technologien tut es gut, sich nicht festzufahren. Wer offen bleibt, kann hier in Mönchengladbach sein ganz eigenes Kapitel schreiben. Für manche klingt das vielleicht platt, aber ich sage: Wenn einen ab und zu noch Sägespäne begleiten, dann weiß man, man macht noch echtes Handwerk. Und kein Algorithmus der Welt wird das je nach Holz duftende Atelier ersetzen – auch wenn die CNC-Fräse ins Nebenzimmer zieht.
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