Deutsche Bahn AG | 80331 München
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Deutsche Bahn AG | 80331 München
Bootsbauer in München – die Formulierung klingt schon fast wie ein kleiner Scherz, oder? Schließlich ist das nächste offene Meer weiter entfernt als manch Führungskraft vom Feierabend. Doch wer genauer hinsieht (und nicht komplett an den Ufern der Isar vorbeiläuft), stellt schnell fest: Hier, mitten im Süden, hat der Beruf mehr Substanz, als bloßer Provinz-Exot zu sein. Bootsbau ist schließlich mehr als Yacht-Glitzer und adretter Matrosenhemd-Look. Für Einsteiger und Routiniers, die beruflich gern mal den Kurs ändern, ist der Arbeitsalltag zwischen Tegernsee, Starnberger See und kleinen Münchner Werften ein durchaus spannender Spagat – zwischen traditionellem Handwerk und der Gegenwart mit allem technischen Schnickschnack.
Mal ehrlich: Wer als Bootsbauer im Münchner Raum arbeitet, hat nur selten das offene Meer im Blick, dafür aber eine ganze Kette von Seen, deren Ufer voller Boote, Stege und Geschichten stecken. Die Aufgaben pendeln zwischen millimetergenauem Holz- und Kunststoffbau, Reparaturen, Beschichtungen und Motorencheck – manchmal sogar im Morgengrauen, wenn im Frühling die ersten Eigner nervös auf ihre Segeljachten warten. Es ist ein Beruf für Leute, die sich das Basteln nie haben nehmen lassen und für die Präzision kein leidiges Muss, sondern so etwas wie Sprachmelodie ist. Und ja, manchmal ist es Drecksarbeit, etwa wenn der alte Lack nicht runterwill oder ein Stegfender seine letzten Lebenszeichen gibt. Aber selten eintönig. Wer gerne einen sauberen Schreibtisch und täglich geregelte Raumtemperatur möchte – der hat im Bootsbau definitiv etwas missverstanden.
Handwerkliches Geschick? Klar. Ein Blick für Materialien, Sorgfalt, Geduld – und manchmal dieses hartnäckige „Jetzt erst recht“. Neues Material zieht ein, Carbon und moderne Verbundstoffe halten langsam Einzug und bringen ihre eigenen Gesetze mit. Man muss schon Lust haben, sich darauf einzulassen: gestern Schleifstaub, heute 3D-Schablonen. Wer Wechsel sucht, braucht Neugier – und darf nicht bei jeder Neuerung losjammern. Dafür gibt’s ein Arbeitsklima mit wenig Firlefanz, viel direkter Kommunikation und diesen stillen Momenten, wenn ein Rumpf zum ersten Mal ins Wasser gleitet.
Die Entlohnung? Ein Thema für sich. Mit einem Einstieg liegt man meist irgendwo zwischen 2.800 € und 3.100 € – das klingt erstmal solide, aber München ist eben kein „billiges Pflaster“. Fachkräfte mit ein paar Jahren Erfahrung können durchaus auf 3.200 € bis 3.800 € kommen. Aber – und jetzt das große Aber – richtig große Sprünge macht selten jemand. Da hilft auch der Blick nach Gmund oder zum Ammersee nicht viel. Wer hier arbeitet, tut es weniger wegen eines finanziellen Höhenflugs, sondern oft, weil das Handwerk sie festhält. Und vielleicht auch, weil Boote (wie Menschen) manchmal eben ihre Eigenheiten haben, die man mögen muss.
Die Bootsbauwelt Münchens hat ihre ganz eigene Dramaturgie. Mit dem Frühjahr kommt die Hektik: die Yachten müssen ins Wasser, Segler wollen Kiele kontrolliert wissen, Luxus-Kunden möchten Lack und Mahagoni glänzen sehen. Im Herbst heißt es dann: alles raus, winterfest machen, Schäden aus dem Sommer fixen, Dekadenz trifft auf Werkzeugkasten. Das Publikum? Ein Mix aus bodenständigen Anglern, genervten Bootsbesitzern und den obligatorischen Investoren, die meinen, dass das Finish mal wieder „eine andere Liga“ sein könnte. Wer hier nicht schlagfertig und pragmatisch ist, verliert schnell Nerven. Aber irgendwie macht genau diese Mischung den Reiz aus. Ich behaupte jedenfalls: Der Anteil origineller Lebensgeschichten ist am Ufer eines bayerischen Sees pro Quadratmeter nirgendwo höher.
„Das haben wir immer so gemacht“ – gefährliche Worte, gerade im Bootsbau. Die Münchner Werften bieten mitunter solide Weiterbildungsmöglichkeiten, sei es bei neuen Beschichtungs-Techniken, Motortechnik oder (Achtung, Trendalarm!) nachhaltigen Materialien. Nicht jeder Kollege bejubelt die Digitalisierung oder smarte Sensoren am Ruder – aber wer es ignoriert, bleibt stecken. Junge Köpfe mit Lust auf Technik und Handwerk können heute viel bewegen, sofern sie nicht davor zurückschrecken, gelegentlich auch mal noch per Hand Hobel und Säge zu schwingen. Ob das jetzt Rückschritt oder gesunde Balance ist? Darüber wird man am Stammtisch lange streiten. Sicher ist nur: Stillstand passt nicht auf See. Gilt auch für den Münchner Bootsbau.
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