Deutsche Bahn AG | Frankfurt am Main
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Deutsche Bahn AG | 97070 Würzburg
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Zugegeben, als ich vor Jahren zum ersten Mal den Begriff „Bootsbauer“ in einem Frankfurter Kontext hörte, zuckte ich ungläubig die Schultern. Boote, zwischen Bankentürmen und Bundesligastadion? Mein innerer Landratte hätte fast gelacht – fast, denn heute, nach einem Jahrzehnt im Stadtgebiet, habe ich begriffen: Wer hier vom Wassersport lebt oder arbeitet, braucht mindestens so viel Innovation wie handwerkliches Traditionsbewusstsein. Frankfurt, Frankfurter, Fluss – und irgendwo dazwischen kümmern sich hiesige Bootsbauer um ein Nischenuniversum aus Technik, Naturgewalt und moderner Nerdigkeit.
Der Beruf selbst ist ein kurioser Mix. Einerseits Schweiß, Klebereste an den Händen, Lackgeruch in der Nase. Andererseits Zeichnungen, Maschinensteuerung, CAD am Bildschirm. Was viele unterschätzen: Der hiesige Bootsbau tanzt schon lange nicht mehr nur den altvorderen Holztango. Faserverbundstoffe, Hybridlösungen, gelegentlich Schalldämpfer aus dem 3D-Drucker – das ist Alltag, nicht Ausnahme. Und ja, ein gutes Stück davon hat tatsächlich mit dem Innovationsdruck im Rhein-Main-Gebiet zu tun. Die Kundschaft will eben nicht nur gepflegte Ruderboote, sondern auch Wartung für Motorjachten, Elektrobetrieb, Spezialumbauten für die Barrierefreiheit und – wäre hätte das gedacht – Solar-Updates für Freizeitkähne. Gar nicht so selten, dass man für einen Verein der Region Frankfurts binnen weniger Tage ein Wettkampfboot wieder fit machen soll. Hier schraubt, leimt, fummelt und diskutiert man nicht selten bis spätabends. Wahrscheinlich, weil Arbeitsmoral am Main sowieso einen Tick anders getaktet wird als im Flachland.
Für Einsteiger und Seiteneinsteiger, so viel vorweg, ist die Fachlichkeit im Bootsbau kein Selbstläufer. Präzision ist Pflicht. Fehler? Die schwimmen einem nicht so einfach davon. Klar, vieles lernt man erst an der Werkbank. Und ja, der Umgangston in manchen traditionsreichen Betrieben ist manchmal ruppig, aber selten unfair. Wer heute in Frankfurt den Beruf wählt oder wechselt, kommt kaum um systematisches Lernen herum: Materialkunde, Hydromechanik, Elektroinstallation – immer mit dem Kopf am aktuellen Trend, nicht im Schubladendenken der 80er festgeklebt. Manchmal ertappt man sich dabei, die Frage zu stellen: Muss ich wirklich alles können? Mit der Zeit versteht man, dass gerade die Vielseitigkeit den Reiz ausmacht. Und, Hand aufs Herz – jedes fertiggestellte Boot markiert seinen eigenen kleinen Triumph gegen banalen Büroalltag.
Die Region selbst ist übrigens speziell. Es stimmt, Frankfurt ist keine klassisch maritime Metropole. Aber: Der Main ist voll, die Uferlandschaften leben. Zwischen Offenbach, Mainufer, Schwanheim und praktisch jedem Steg bilden sich in den Bootswerften Mikrokosmen, in denen man Gleichgesinnte trifft. Generationen von Bootsbauern gehen hier ein und aus, viele von ihnen mit biografischen Schlenkern – ehemalige Metaller, Tischler oder Mechaniker, die im Bootsbau schon mal ganz andere Seiten an sich kennenlernen. Die Vielsprachigkeit und kulturelle Dichte der Stadt färben direkt ab: Im Betrieb hört man Hessisch, Polnisch, Türkisch, Englisch – alles, was das gewerbliche Herz so international macht. Wer aufgeschlossen ist, kann in kurzer Zeit überraschend viel lernen, ganz gleich ob man gerade erst die Gesellenprüfung plant oder schon als alter Hase unterwegs ist.
Aber ist das Ganze finanziell eine goldene Welle? Überschaubar. Der berühmte Höhenflug der Löhne bleibt, Hand aufs Holzdeck, bisher aus. Im Frankfurter Ballungsraum bewegt sich das Gehalt zum Einstieg meist zwischen 2.500 € und 2.900 €, mit Fachkenntnis oder Spezialisierung werden regional 2.900 € bis 3.400 € gezahlt. Richtig lukrativ wird es erst bei Leitungsaufgaben oder als selbstständiger Spezialist – aber auch dann ist der Sprung nach oben eher Stückwerk. Wer allerdings in der Werkstatt lieber feilt als auf Konferenzen schwätzt, für den kann selbst „mittlerer Verdienst“ eine Art Lebensqualität bedeuten. Ich sehe das so: Lieber ein knarzendes Deck, das nach Pinie riecht, als eine PowerPoint ohne Seele.
Die Herausforderungen? Klar, die gibt es. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel – überall schwappt das Thema mit. Die Chefs rufen nach modernen Lackieranlagen, die Kundschaft nach CO2-armen Antrieben und die Kollegen nach besseren Arbeitszeiten. Manche Herausforderungen überlagern sich: Wer digital nicht dranbleibt, bastelt weiter auf dem Stand der 90er, punktet bei Privatkunden aber mit Reparaturgeschick. Wer elektrische Bordtechnik beherrscht, tüftelt heute an Booten und morgen vielleicht an Wasserstoffmodulen. Manchmal frage ich mich selbst: Ist das Kunst, Wahnsinn oder einfach nur cleveres Handwerk? Wahrscheinlich alles ein bisschen – und genau das ist die faszinierende Zwickmühle des Bootsbauers in Frankfurt.
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