RAPS GmbH & Co. KG | 95326 Kulmbach
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Wer behauptet, Biotechniker säßen nur in Laboren herum, hat entweder nie einen Fuß in einen Erfurter Betrieb gesetzt – oder schlicht keine Ahnung, wie vielfältig diese Zunft sein kann. Hier, zwischen Kirchturm, Glasfaserausbau und dem wenig spektakulären Gewerbestraßengrau, wächst seit einigen Jahren eine Nische, die mehr ist als eine Resteverwertung westdeutscher Branchenhoffnungen. Aber Hand aufs Herz: Der Weg ins Labor ist kein Selbstläufer – und bringt so einige paradoxe Tücken mit sich. Für Berufseinsteiger genauso wie für erfahrene Umsteiger.
Täglich Reagenzgläser spülen? Schön wär’s – oder auch nicht. Das Jobprofil für Biotechniker ist in Erfurt überraschend breit aufgestellt. Einmal läuft man durch einen Pharmaproduzenten in der Peripherie, dann mischt man in einer Lebensmittelforschungsfirma mit oder landet bei einem Diagnostik-Startup aus irgendeinem Keller nahe Egapark. Das Spektrum reicht vom Anwenden mikrobiologischer Routinen – Keimdetektion, Steriltechnik, HPLC-Analytik – bis hin zur Bedienung vollautomatisierter Anlagen, die mehr Bildschirm als Laborbank verlangen. Manchmal denkt man, Prozesse überwachen ist auch nur eine schönere Form von Fließbandarbeit, nur eben mit PCR.
Jetzt ist Erfurt nicht unbedingt die Biotech-Welthauptstadt – aber Heimat für eine Reihe von Mittelständlern, die sich weder ins Silicon Valley träumen noch vor lauter Start-up-Euphorie den Boden unter den Füßen verlieren. Was viele unterschätzen: Gerade die Verbindung von traditionellen Produktionsabläufen mit neueren technologischen Ansätzen verlangt Fingerspitzengefühl. Keine Industrie-4.0-Show, sondern handfestes Umsetzen biologischer Prozesse in den Alltag der Industrieunternehmen. Und ehrlich gesagt, das ständige Ringen mit der altbekannten DDR-Maschinerie im Keller – manchmal ein Trauma, oft Unterrichtsstunde.
Kann man mit reiner Laborroutine bestehen? Wohl kaum. Wer als Biotechnikerin oder Biotechniker anfängt, merkt schnell, dass es vor allem auf Transferdenken ankommt. Strenggenommen laufen – und das wissen vor allem die Quereinsteiger – viele Technologien in den Betrieben ein paar Jahre hinter dem Lehrbuch her, aber wehe, es gibt einen Technologiewechsel! Dann sind Auffassungsgabe, Anpassungsfähigkeit, regelmäßige Fortbildung gefragt. Angebote gibt es durchaus, von kurzen Trainings in Analytik und Qualitätsmanagement bis zu firmeninternen Schulungen. Manchmal fühlt man sich als Versuchskaninchen eines „Lean-Management“-Experiments – oder mittendrin in der Entwicklungsfrage, wieviel Automation eigentlich gut fürs Team ist.
Bleibt das Geld. Große Sprünge macht man nicht zwingend – aber ausbeuten lassen muss sich hier auch niemand. Die Einstiegsgehälter schwanken meist zwischen 2.700 € und 3.100 €, je nach Betrieb, Erfahrung und Spezialisierung geht es auch mal auf 3.400 € bis 3.600 € hoch. Wer den Sprung in ein aufstrebendes Unternehmen schafft oder spezifische Fachkenntnisse im Bereich Diagnostik, Molekulargenetik oder Prozessautomatisierung mitbringt, kann darüber hinaus handeln. Es bleibt ein Drahtseilakt: Vieles hängt an der Marktstimmung, den Förderprogrammen und dem Beharrungsvermögen örtlicher Mittelständler.
Ich hatte nach dem Abschluss keine Illusionen: Biotechnik in Erfurt ist ein Feld, in dem Neugier und Pragmatismus mehr zählen als Zertifikate. Manchmal beneide ich Kollegen in München oder Hamburg um ihre Sicht auf „Innovation“, manchmal bin ich froh, an einem Standort zu arbeiten, der noch Luft nach oben und ungenutzte Ecken voller Potenzial hat. Für Berufseinsteiger: Keine Angst vor Multifunktionalität und Nischenarbeit! Für erfahrene Wechselwillige: Hier ist die Mischung aus Bodenständigkeit und Experimentierfreude eine seltene Ressource. Nicht Goldgräberstimmung, eher eine solide Werkbank. Dennoch: Es braucht Mut zum Ausprobieren – und manchmal mehr Geduld, als einem lieb ist.
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