medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH | 24103 Wedel bei Hamburg, Theaterstraße 6
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medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH | 24103 Wedel bei Hamburg, Theaterstraße 6
 
											Es gibt Berufe, die wecken sofort Assoziationen. Biochemiker – das klingt nach weißen Kitteln, bunten Reagenzgläsern und dunklen Laboren. Aber Kiel, mit dieser herben Mischung aus Ostseewind und hanseatischer Bodenständigkeit, gibt dem Berufsbild eigene Akzente. Wer hier am Beginn seiner Laufbahn steht oder sich mit Wechselgedanken trägt, merkt schnell: Biochemie ist in Kiel weder nur Elfenbeinturm noch Konzernmühle. Es ist eine seltsame Mischung aus beidem – manchmal wild, meist nüchtern, immer überraschend.
Unterschätzen darf man die lokale Vielfalt nicht. Da ist der biowissenschaftliche Campus mit seinen traditionsreichen Forschungseinrichtungen und die Nähe zu Kliniken und MedTech-Firmen. Dann der Marinehafen, der im Hinterkopf manches Gesprächs geistert, auch wenn kaum jemand darüber spricht. Und rundherum sitzen hochspezialisierte Labordienstleister, die weniger durch große Namen als durch technische Finesse auffallen. Wer hier als Berufseinsteiger anheuert – ganz gleich, ob aus Überzeugung oder aus pragmatischer Kalkulation –, findet sich oft rasch in interdisziplinären Teams wieder. Wer sich hier auf reine Lehrbuch-Biochemie freut, erlebt sein blaues Wunder.
Die Aufgaben? Ach, da wird zu schnell in Klischees erzählt. Routine? Klar, Protokolle wollen befolgt, Zellkulturen versorgt, Massenspektrometer gefüttert werden. Das ist mal monothematisch, mal atemlos abwechslungsreich. Die Wahrheit ist: Wer sich traut, in Kiel die Komfortzone zu verlassen, erlebt Forschungsfreiheit und Anwendungsdruck dicht beieinander. Gerade dort, wo Universitätsprojekte plötzlich in Kooperationen mit Start-ups übergehen oder ein alter Hase aus der medizinischen Diagnostik fragt, ob man nicht mal „schnell was sequenzieren“ könnte.
Und das liebe Geld? Der Mythos vom klammen Forscherleben hält sich hartnäckig, ist heute aber, zumindest in Kiel, nur noch zur Hälfte wahr. Die Bandbreite: Als Einsteiger fängt man im Leben jenseits der Promotion meist zwischen 3.300 € und 3.800 € monatlich an. Wachsen Verantwortung oder wissenschaftlicher Ruf, sind 4.200 € bis 4.800 € erreichbar – mit Außreißern nach oben, wenn Firmenbeteiligungen oder klinische Projektmittel ins Spiel kommen. In der Forschung, also an der Uni, bleibt’s oft dürftiger – da sind 3.000 € nach wie vor kein Pappenstiel. Wer allerdings in die (Diagnostik-)Industrie oder einen gut aufgestellten Mittelständler wechselt, merkt, dass Kiel kein Berliner Pflaster ist, aber eben auch keine Badewanne voller Gold.
Was viele unterschätzen: Hier an der Förde ist die Weiterbildungslandschaft weniger festgezurrt als anderswo. Es gibt punktuelle Spezialisierungen – etwa im Bereich mariner Biotechnologie –, dazu ein wachsendes Angebot an interdisziplinären Zertifikaten (wie zum Beispiel Bioinformatik oder Regulatory Affairs). Manchmal, so mein Eindruck, setzen Kiels Arbeitgeber weniger auf Formalien als auf praktisch nachweisbare Fähigkeiten. Überhaupt fällt auf: Wer lieber leise tüftelt, ist hier nicht zwangsläufig der Exot, solange Ergebnisse stimmen. Aber – das kann auch schnell zum Bumerang werden, wenn Änderungsfreude, kritischer Blick und ein Schuss (Selbst-)Ironie fehlen.
Bleibt die Frage, warum man sich hier als Biochemiker niederlässt oder bleibt. Ehrlich gesagt: Es ist nicht immer die Ostsee oder die frische Brise, die lockt. Eher ist es das Miteinander von Stabilität und Offenheit, das sich selten findet. Kiel gibt keine Karrieregarantien, aber Chancen, sich zu reiben. Zwischen Hightech und Seeluft, zwischen sturem Labor und plötzlichem Kontakt mit gesellschaftlichen Debatten (denken wir an Gentechnik, Nachhaltigkeit oder Medizinthemen), wächst die eigene Rolle ständig mit – manchmal schneller, als einem lieb ist.
Heißt das, alles ist ideal? Eher nicht. Aber Kiel ist für Biochemiker ein Ort, an dem (beruflicher) Realismus und leise Begeisterung Hand in Hand gehen dürfen. Und selten ist das, finde ich, eine schlechte Ausgangslage, wenn Wissenschaft und Leben ineinandergreifen sollen.

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