Lahr, Gawron GmbH | 10115 Berlin
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Nordex Group | 20095 Hamburg
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Beton mischen. Man könnte meinen, das klingt nach Handwerk wie aus dem letzten Jahrhundert. Aber stimmt das wirklich? Wer in Kiel als Betonmischmaschinenführer einsteigt, merkt ziemlich schnell: So staubig wie das Image klingt, ist die Realität nicht. Gerade junge Leute oder Umsteiger, die sich einen „ehrlichen Job“ wünschen, stehen dann auf dem Werksgelände und merken – der Beton, den sie hier drehen, ist schlicht das Fundament der Stadt. Und Kiel? Auch wenn die Werften langsam weniger Schiff als Bürogebäude produzieren, wächst und verdichtet sich das Stadtbild. Betonmischmaschinenführer? Eigentlich ein Beruf mit echtem urbanem Fußabdruck.
Man steht früh auf – das ist kein Geheimnis. Meistens zum Schichtbeginn, der selten nach acht schlägt, zumindest im Sommer. Die Arbeit: einerseits technisch, weil moderne Mischfahrzeuge computergesteuert sind und kein reines „Drehrad für die Stoppuhr“. Andererseits bleibt das Bauchgefühl gefragt. Wer einmal eine Charge verhauen hat, weil die Feuchtigkeit nicht passte, weiß: Eine Tonne verbauten Murks merkt später jeder. Bei Wind über der Förde, im Dauerregen oder, so eine Kieler Spezialität, in der lauen Morgenbrise, fährt man zu Baustellen, die manchmal wie reine Chaos-Spielplätze wirken.
Irgendwo zwischen Bremer Weg und Ostuferhafen verschwindet das Gefühl für Routine. Jeder Tag bringt eigene Tücken. Mal mäkelt der Polier, mal bleibt der Pumpenschlauch stecken, dann kommt ein Stau, der jedem Zeitplan spottet. Maschinenführer zu sein bedeutet meist: Den Überblick behalten, freundlich bleiben (auch wenn die Laune der anderen im Keller ist).
Okay, Hand aufs Herz: Hier wird ordentlich verdient – fürs Handwerkliche. Einstiegsgehälter um 2.600 € bis 2.900 € pro Monat sind realistisch, wer mehr Verantwortung trägt oder länger dabei ist, kratzt auch an der 3.300 €–Marke, manchmal mehr, wenn die Saison richtig läuft. Familienfreundlich? Oft Ansichtssache. Wer Schichtarbeit mag und keine Angst vor Dreck unter den Nägeln hat, findet jedenfalls einen Beruf, in dem’s nach Feierabend nicht blöd im Kopf brummt. Im Gegenteil.
In Kiel gibt’s Besonderheiten: Die Nähe zum Hafen sorgt für logistische Herausforderungen, aber auch Abwechslung. Die Wohnungsbauprojekte entlang der Kiellinie, dazu der nicht endende Nachschub für Schulen und Krankenhäuser im Umland – es läuft. Beton ist nicht aus der Mode, so viel steht fest. Wer technisches Gespür und eine Portion norddeutsche Gelassenheit mitbringt, findet hier sogar häufig ein angenehmes Betriebsklima.
Wer meint, das Mischpult bei Spotify ist komplexer als das Armaturenbrett im Betonmischer, irrt. Die heutigen Fahrzeuge kommen mit digitalem Wiegesystem, Schichtprotokollen und keiner verzeiht Bedienfehler. Temperatur, Körnung, Fahrtzeit – alles zählt, alles muss stimmen. Was viele unterschätzen: Wer Verantwortung für eine zwölf Meter lange, vollbeladene Maschine trägt, merkt sehr schnell, dass eine ruhige Hand wichtiger ist als Muskelkraft. Ein Witz unter erfahrenen Kollegen: „Kilo schaffst du, Kopf musst du können.“
Natürlich gibt’s Weiterbildungen, meist intern über den Betrieb oder über die Handwerkskammer. Wer will, kann sich zum Kolonnenführer oder Disponenten hocharbeiten. Was ich persönlich aber wichtiger finde: Offenheit und ein wacher Blick für das, was nicht auf dem Plan steht – Wasser im Beton, launige Bauleiter, spontane Routenänderung. Das alles lernt man selten aus dem Lehrbuch.
Ist das alles Gold? Keineswegs. Die Arbeit zerrt, körperlich wie geistig. Wetter, Zeitdruck, manchmal auch Ärger mit der alten Technik – das darf einen nicht erschüttern. Trotzdem: Die wenigsten Städte funktionieren ohne Beton. Wer in Kiel steuert, hält im Zweifel wortwörtlich den Laden zusammen. Ich gebe zu, es gibt romantischere Jobs. Aber ich habe auch noch keinen Bauleiter erlebt, der auf einem windigen Rohbau nicht für einen warmen Kaffee und einen echten Handschlag dankbar war.
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