Landeshauptstadt Düsseldorf | 40213 Düsseldorf
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Landeshauptstadt Düsseldorf | 40213 Düsseldorf
Manchmal kommt es anders, als man denkt. Wer ganz naiv von außen auf den Beruf Bestattungsfachkraft blickt, stellt sich vermutlich dunkle Anzüge und stumme Mienen vor, einen Hauch von Pathos in der Luft – und ansonsten viel Schweigen. Die Wahrheit? Ist differenzierter. In Bonn, dieser merkwürdigen Mischung aus Altbehäbigkeit und akademischer Betriebsamkeit, gibt es sie: die, die nicht weglaufen, wenn Lebensende plötzlich praktisch wird. Es ist kein Beruf wie jeder andere. Doch vielleicht ist genau das die eigentliche Voraussetzung.
Erstaunlich viele unterschätzen, wie vielseitig der Beruf tatsächlich ist. Klar, der Tod ist immer der treue Begleiter im Arbeitsalltag – aber das heißt noch lange nicht, dass alles düster oder gar spektakulär morbid wäre. Wer morgens die Tür zum Gewerbehof aufschließt, kann nicht wissen, welches Gespräch, welche Aufgabe, welches kleine Alltagsdesaster ihn erwartet. Es sind handwerkliche Aufgaben, etwa das Herrichten von Verstorbenen oder die Logistik einer Trauerfeier. Verwaltung kommt dazu – Verträge, Zahlungsvereinbarungen, Organisation von Überführungen. Und dann: der Umgang mit Angehörigen. Feinfühligkeit zuerst, Durchhaltevermögen später. Manchmal, das gebe ich zu, wächst einem die Verantwortung über den Kopf. Aber eigentlich wollte ich etwas anderes sagen: Wer den Job unterschätzt, merkt schnell, dass es hier neben Sachlichkeit auch echte Empathie braucht, plus die Lust am Improvisieren. Ohne Witz, in Bonn reichen die Aufgaben von Friedhofsfahrten zwischen katholischen und jüdischen Bestattungskulturen bis hin zu Sonderwünschen, bei denen sogar altgediente Kollegen die Augenbraue heben.
Der typische Weg? Eine duale Ausbildung über drei Jahre – Mindestvoraussetzung ist ein Hauptschulabschluss, doch viele kommen mit mehr. In Bonn fällt mir auf: Sitzfleisch reicht alleine nicht. Die Bestattungsunternehmen – ob traditionsreich in Beuel oder progressiv in der Südstadt – erwarten Eigeninitiative, Konzentration, Belastbarkeit. Theoretisch klingt das alles nach Routine, aber praktisch? Der Umgang mit neuen Verfahren, etwa der zunehmenden Digitalisierung im Verwaltungsbereich oder modernen Formen der Trauerkultur – digitale Gedenkseiten etwa, neue Rechtsprechung etwa bei alternativen Bestattungsarten – bringt Bewegung ins Feld. Wer nicht gierig lernend bleibt, wird überholt.
Jetzt mal ehrlich – irgendwann fragt man ja doch: Was bleibt am Monatsende? Und nein, vergolden lässt sich das Handwerk kaum; es ist eine solide, ehrliche Branche, in der Gehälter von 2.500 € bis 3.200 € in Bonn recht typisch sind. Einstieg oft am unteren Rand, mit Zulagen für Nachtschichten oder Bereitschaft. Klar, in manchen Familienunternehmen gibt’s noch ein bisschen Kaffee obendrauf, aber es sind nicht die Summen, die andere Branchen zahlen würden. Trotzdem, viele würden nie wieder tauschen. Der persönliche Stolz auf den Beruf kommt nicht von Provisionen, sondern von unerwartet ehrlichen Begegnungen. Fragen Sie mal einen Kollegen, ob ihm je langweilig wurde. Eher friert der Rhein zu.
Bonn, das ist mehr als Beethoven und Wasserwerk – hier prallen Tradition und Wandel sichtbar aufeinander. Die Friedhofskultur etwa: Einerseits stehen altehrwürdige Grabfelder im Schatten jahrhundertealter Linden. Andererseits drücken Veränderungswillige (oft jüngere Kolleginnen und Kollegen, manchmal auch Kundschaft mit Migrationsgeschichte) auf zeitgemäßere Ansätze. Naturbestattungen, ökologische Särge, digitale Erinnerungsräume: All das fordert auf einmal mehr Flexibilität. Gerade Berufseinsteiger, die sich ohnehin noch zurechtfinden müssen, stehen nun zwischen den Stühlen – zwischen Routine und Neuem, zwischen verschattetem Friedhofsweg und Zoom-Call mit Angehörigen im Ausland. Übrigens gibt es immer wieder solche Momente, wo plötzlich ein Trauergespräch fast auf Englisch stattfindet, weil Bonn eben auch internationaler geworden ist. Mehrsprachigkeit schadet hier garantiert nicht.
Manchmal, abends am Bonner Stadtrand, nach einer langen Woche, frage ich mich: Warum machen wir das? Warum bleibt man, wenn es einfacher ginge? Vielleicht, weil der Beruf ein seltsames Eigenleben entwickelt: Er fordert Haltung, schenkt aber auch etwas zurück. Wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und den Anspruch an sich selbst nicht verliert, bekommt Einblicke, für die es keine App gibt. Und manchmal – ganz selten – merkt man, dass die einfachsten Handgriffe am schwersten wiegen: Ein tröstendes Wort, das richtige Schweigen, der sorgfältig geschlossene Sargdeckel. Das bleibt.
Das könnte Sie auch interessieren