Wassermann GmbH Schwabinger Wassermann | 80331 München
- Relevanz
- Titeltreffer
- Datum
Wassermann GmbH Schwabinger Wassermann | 80331 München
Manche meinen, der Barkellner sei bloß schicker Zapfhahnwärter – in München, dieser eigentümlichen Mixtur aus Traditionsschick und urbanem Aufbruch, ist er deutlich mehr. Ein Bindeglied zwischen Ballhaus-Nostalgie und trendigen Rooftop-Bars, ein Geschichtenfilter für die Stadt, die manchmal zu laut und manchmal zu leise ist. Warum ausgerechnet München? Nun, die Frage drängt sich auf: Wer, wenn nicht hier, wo die Schatten der Bierpaläste und das Glitzern der Spätschichtcocktails gemeinsam ihre Kreise ziehen?
Wer denkt, Barkellner würden sich mit drei Cocktailsorten, einem Lächeln und etwas Smalltalk über Wasser halten, sollte einen Dienstagabend in Schwabing verbringen – wildes Wetter aus Latte, Espresso Martini und Sehnenscheidenentzündung. Klar, Herz für Menschen gehört dazu. Doch da ist noch mehr: Multitasking in zeitweise absurder Geschwindigkeit. Parallel verschiedene Bestellungen jonglieren, Zutaten exakt dosieren und noch die Laune der Bar-Gäste abfedern, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten. Was viele unterschätzen: Die Stammgäste haben ein gutes Gedächtnis, was Rezepte und Verfügbarkeit angeht – Fehler bleiben selten unkommentiert.
München ist ein besonderer Mix aus internationalem Publikum, bodenständigen Büroangestellten und den obligatorischen „Szenevögeln“ – jede Gruppe bringt ihre eigenen Rituale und Erwartungen mit. Während anderswo ein Gin Tonic eben ein Gin Tonic ist, mutiert er hier schnell zum Lifestyle-Indikator, je nach Wahl des Tonics und der Limettenscheibe. Die Anforderungen? Nun, man schwankt zwischen gepflegtem Smalltalk – nichts verstellt, aber niemals zu vertraulich – und diskreter Beobachtungsgabe. Diskretion ist überhaupt das geheime Schmieröl der Münchner Barszene. Wer zu viel redet, verliert das Vertrauen – und damit auch das gute Trinkgeld. Apropos: Gutes Trinkgeld ist in München durchaus möglich, aber kein Naturgesetz. Viel hängt vom Laden, viel von der Persönlichkeit am Tresen. Und, ja, ein Quäntchen Glück schadet nie.
Und jetzt zu dem Teil, über den niemand gerne spricht – aber jeder wissen will. Das Gehalt. In München, wo die Mieten schneller steigen als der Bierspiegel nach dem Derby, ist das Gehalt eines Barkellners nicht unbedingt herausragend, aber solide. Realistisch bewegt man sich zwischen 2.600 € und 3.200 € im Monat. Neuerdings treibt die hohe Lebenshaltung die Nachfrage nach erfahreneren Kräften nach oben – wer souverän auch turbulenteste Nächte meistert, kann sich in besseren Häusern oder Hotels Chancen auf über 3.400 € ausrechnen. Trinkgeld? Kommt drauf an. Während der Wiesn ist alles möglich, im trüben Januar eher weniger.
Manchmal fragt man sich: Wie hält man das überhaupt durch, Nacht für Nacht, Wochenende für Wochenende, mit Rückenwind und Gegenlicht zugleich? Die Antwort ist so einfach wie unbequem: Wer am Tresen bleibt, will mehr als bloß abkassieren. Ja, der Druck ist real. Digitalisierung, Arbeitskräftemangel, veränderte Öffnungszeiten (Dauerbrenner: Diskussion ums Sperrstund-Lockerl) – alles wirkt auf den Beruf ein. Aber: Es gibt neue Trends und Chancen. Beispiel: Immer mehr Bars schulen ihre Barkellner in Spirituosenkunde oder Mixologie, auch Kurse zu alkoholfreien Drinks ziehen mittlerweile. Die Besten werden irgendwann Barchefs, manchmal auch mit eigenem Konzept. Oder sie gehen in Hotellerie oder Eventgastronomie. Was bleibt? Eine bunte Bühne, manchmal stressig, aber selten langweilig.
Barkellner in München zu sein heißt, eine Art Nahkampfsportler der Kommunikation zu werden. Man braucht Nerven wie Drahtseile und muss trotzdem lächeln können, selbst wenn der siebte Mojito über die Theke schwankt. Ich habe den Eindruck, dass Talent zwar hilft, aber die eigentliche Kunst ist Durchhaltevermögen – gepaart mit Neugier auf Menschen und ungewöhnliche Nächte. München ist kein leichter Ort für Berufsromantik, doch wer hier den Spagat zwischen Präzision und Persönlichkeit beherrscht, findet selten Routine, aber manchmal Dankbarkeit. Und diesen kurzen Moment, wenn alles passt – der ist dann auch unbezahlbar.
Das könnte Sie auch interessieren