Landhaus Averbeck | Bergen (Landkreis Celle)
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Landhaus Averbeck | Bergen (Landkreis Celle)
Der erste Gedanke, wenn es um Barkellner in Hannover geht? Vielleicht irgendwas zwischen Akrobat und Diplomat, nur eben mit Flasche und Glas statt Hut und Kaninchen. Die Theke – ein Schmelztiegel aus Alltag und Ausnahmezustand, eine Bühne, auf der Handwerkssinn und Menschenkenntnis mindestens so viel zählen wie Fingerspitzengefühl und ein noch nicht restlos abgewischtes Lächeln. Klingt dramatisch, ist aber manchmal gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Wer als Neuling oder wechselwillige Fachkraft in Hannovers Barlandschaft einsteigt, merkt schnell: Hier bekommt man nichts geschenkt – aber man nimmt auch mehr mit, als viele vorher glauben.
Worum geht’s wirklich? Nein, Barkellner bedeutet nicht, die halbe Nacht Cocktails wie ein Zirkusartist durch die Luft zu wirbeln, während im Hintergrund „Fly Me to the Moon“ läuft. Das Dasein hinter dem Tresen ist handfeste Arbeit – und zwar handwerklich, sozial, körperlich. Die Anforderungen sind im Kern erstaunlich breit: Produktkenntnisse, Handhabbarkeit von Gerätschaften, Hygienevorschriften, Mental Load. Und dann dieser Alltagsirrsinn: Stammgäste, für die man das Gesicht eines alten Freundes aufsetzt, Touristen, die dreimal pro Abend denselben Drink falsch aussprechen, die Eiskühlung, die schon wieder ausfällt – klingt übertrieben? Kommt in Hannover öfter vor, als einem lieb ist.
Hannover sticht, und das ist kein Lob aus Lokalpatriotismus, tatsächlich durch seine Vielseitigkeit heraus. Klar, die Südstadt oder Linden – Bars mit jahrzehntealtem Inventar, die so authentisch sind, dass man fast meint, die Wandvertäfelung flüstert Geschichten aus den 70ern. Doch daneben – und das ist für viele Berufseinsteiger der eigentlich spannende Part – wächst eine Szene aus Mixology-Bars, Concept-Stores und hybriden Gastronomien, die das Berufsprofil verändert. Heute ruft ein Gast nach veganem Whisky-Sour, morgen fragt jemand nach einem alkoholfreien Gin, den man vorher nur aus dem Netz kannte. Wer als Barkellner hier am Ball bleiben will, braucht neben Handwerk auch Neugier, Mut zum Improvisieren – und ein bisschen Resilienz gegen den schnellen Wechsel von Moden und Trends.
Und jetzt? Geld. Ein Thema, um das ohnehin niemand gern einen Bogen macht. Vorweg: In Hannover bewegen sich die Einstiegsgehälter im Barkellner-Bereich größtenteils zwischen 2.200 € und 2.600 € – wobei die Spannweite nach oben und unten politisch korrekt verschwiegen wird, aber jeder weiß, dass Trinkgeld vieles abfedert (oder eben auch mal nicht, je nach Saison und Laune der Kundschaft). Leistungsbereite Fachkräfte mit Erfahrung, Fingerspitzengefühl und einem festen Heimathafen in einer gut gehenden Location schaffen es durchaus, 2.800 € bis 3.400 € herauszuholen. Aber: Der Rhythmus ist selten neun-bis-fünf, Schichtdienste und Nächte voller Überraschungen sind Standard, nicht Ausnahme. Das fordert Durchhaltevermögen – und, seien wir ehrlich, eine Portion Leidenschaft.
Wer meint, dass Barkellner irgendwo auf ewig dasselbe machen, unterschätzt die Möglichkeiten für Spezialisierung und fachliches Wachstum. In Hannover – vielleicht dem unterschätztesten Labor für Barkultur abseits von Großstadt-Klischees – gibt es zunehmend Angebote für Weiterbildungen: Tastings, Workshops zu Spirituosenkunde, Barista-Trainings, sogar kleine Mixology-Kurse von lokalen Initiativen. Was bringt das? Eigene Note, bessere Chancen auf Spezialisierung, vielleicht sogar ein Sprung Richtung Barleitung oder eigene Konzepte. Doch der Alltag bleibt immer das, was man daraus macht: Routine – oder Bühne für das eigene Talent, je nachdem, wie viel Herzblut man investiert. Ich habe den Eindruck, dass gerade in Hannover diejenigen weiterkommen, die sich trotz aller Routinen die Lust am Ausprobieren bewahren.
Manchmal frage ich mich: Warum tun sich Menschen das Barkellner-Dasein überhaupt an? Vermutlich, weil hier alles Platz hat – Alltagskampf, Begegnung, ein bisschen Glanz, ziemlich viel Dreck unter den Fingernägeln und die Möglichkeit, in einer Stadt wie Hannover aus dem Beruf mehr zu machen als nur einen Job: eine kleine Lebensschule. Wer reinkommt und bleibt, bekommt ein Stück Stadtgeschichte gratis dazu. Ob das nun für immer reicht, muss jeder selbst wissen. Aber langweilig? Ganz sicher nicht.
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