Landhaus Averbeck | Bergen (Landkreis Celle)
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Landhaus Averbeck | Bergen (Landkreis Celle)
Manche Berufe kommen unauffällig daher. Barkellner zum Beispiel. Man steht hinterm Tresen, zapft Bier, mixt Drinks, kassiert ab. Soweit das Klischee. Doch jeder, der hier in Braunschweig einmal ein paar Wochen hinterm Tresen gearbeitet hat, weiß: Das eigentliche Geschäft ist feiner gestrickt, als es die schnelle Schaumkrone vermuten lässt. Gerade, wenn man neu einsteigt oder aus dem Gastro-Karussell den Wechsel sucht – der Blick hinter die Kulissen überrascht.
Barkellner unterwegs im Dreieck zwischen Handwerk, Small Talk und der Kunst, den Überblick zu behalten. Es geht hier nicht nur um die korrekte Mischung von Gin Tonic oder den perfekten Milchschaum für den Latte. Es geht um das taktgleiche Jonglieren mit Bestellungen, wechselnden Gäste-Launen und – nicht unwichtig – der eigenen Gelassenheit, selbst wenn am Freitagabend die ganze Südstraße ungefragt einfallen zu wollen scheint. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Wer nur mixen will, ohne Menschen, ist schnell verloren. Wer zuhört, ein Lächeln parat hat und mal selbst den DJ-Notaus-Schalter sucht – der überdauert auch hektische Schichten.
Braunschweig hat ein eigenes, leicht ruppiges Flair. Die Barkultur – mal studentisch, mal traditioneller, manchmal ein wenig sperrig, aber selten ganz am Mainstream dran. In den vergangenen Jahren erlebte die Szene einen Wandel: Neue Cocktailbars, handwerklich ambitionierte Lokale und die übliche Stammkundschaft in den alten Kneipen – das Feld ist im Fluss. Für Berufseinsteiger und Wechsler heißt das: Der Bedarf an Barkellnern bleibt stabil, aber mit mehr Vielfalt in den Anforderungen. Englisch flüssig? Nice to have, gerade rund ums Magniviertel. Ahnung von Craft-Bieren oder ungewöhnlichen Gins? Kommt gut an. Was aber fast überall zählt: Verlässlichkeit, Tempo, die Fähigkeit, im Stress freundlich zu bleiben – klingt einfach, will aber erstmal geübt sein.
Keine Frage: Reich wird hier niemand. Die Einstiegsgehälter kreisen meist um 2.000 € bis 2.400 € pro Monat. Gut laufende Bars oder Clubs zahlen spürbar mehr, stellen dafür aber auch teils sportliche Erwartungen an Ausdauer und Flexibilität. Trinkgelder wirken wie das berühmte Zünglein an der Waage: Mal gibt's satte 300 € mehr im Monat, mal reicht es für ein Feierabendbier. Großer Unterschied auch: In studentisch geprägten Bezirken ist das Trinkgeld oft freundlicher verteilt als in der nüchternen Business-Lounge beim Hotel. Zuverlässige Zahlen? Schwierig. Aber wem Umsicht und ein offener, fixer Umgang mit Gästen liegt, erzielt rasch ein höheres Gesamteinkommen, als offizielle Gehaltstabellen vermuten lassen.
Barkellner werden ist nicht schwer – Barkellner bleiben, schon kniffliger. Nicht jeder, der den Shaker schwingt, wird zum geschätzten Ansprechpartner am Tresen. In meiner Zeit als Barkellner – das ist nun fast eine Dekade her, aber einiges bleibt – habe ich immer wieder Folgendes erlebt: Die besten Kollegen waren selten die mit dem dicksten Fachbuchwissen, sondern die, die Menschen lesen konnten. Ein freundliches „Noch was auf den Deckel?“ im richtigen Moment, den Streit am Nachbartisch mit einem stillen Kopfnicken entschärfen – das kann man schwer erlernen, aber man wächst hinein. Und, nicht zu unterschätzen: Wer sich langfristig in Braunschweig etablieren will, hat Vorteile, wenn er die Eigenheiten der Szene kennt und akzeptiert, dass „heute wie gestern“ hier manchmal mehr zählt als „heute wie in Hamburg“.
Trotz aller Veränderungen – Digitalisierung, Lieferservice, temporäre Lockdowns – bleibt der Barkellner-Beruf ein solides Stück Handwerk plus Menschenkenntnis. Weiterbildungsmöglichkeiten? Die gibt's durchaus – etwa Barista-Kurse, Mixology-Seminare oder gar ein Ausflug ins Management. Wer klug plant, vergrößert seine Chancen und kann später auch zum Teamleiter oder Barchef heranreifen. Doch bei allem Ehrgeiz: Oft sind es die kleinen, unplanbaren Begegnungen, das branchenübliche Schulterklopfen, die den Beruf besonders machen.
Vielleicht ist das, was viele unterschätzen, am Ende genau das, was die Arbeit lebendig hält: Kein Abend wie der andere. Kein Gast wie der nächste – und jedes Wochenende ein neues Kapitel. Wer bereit ist, sich darauf einzulassen, findet in Braunschweig mehr als nur einen Job. Sondern – mit etwas Glück und Ausdauer – einen Platz zwischen Tresen, Tradition und stetigem Wandel.
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