SehRausch Optik GmbH | 53111 Bonn
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SehRausch Optik GmbH | 53111 Bonn
Morgens riecht’s in der Werkstatt nach Polierwolle und dem säuerlichen Hauch von Schleifstaub. Wer behauptet, Optiker würden sich den ganzen Tag nur im Verkaufsraum um Schick und Stil kümmern, der hat wohl nie einen Blick hinter die Kulissen geworfen. Gerade in Bochum, einer Stadt, wo Handwerk und Industrie nie wirklich voneinander getrennt waren, braucht es für den Werkstattbereich mehr als nur ein Händchen für filigrane Fassungen und Gläser. Es braucht Neugier, Geduld – und ab und zu auch ein bisschen Frusttoleranz. Wer glaubt, Präzision sei so langweilig wie mathematisches Rechnen, den belehrt schon das erste, aus der Hand gerutschte Brillengelenk eines Besseren.
Manchmal frage ich mich, wie viele begabte Hände verschlissen werden, ehe die berühmte „ideale Werkstattoptik“ erreicht ist. Grundlegendes Schleifen? Standard. Aber die wirkliche Kunst beginnt, wenn alte Oma-Gestelle von 1978 oder Hightech-Titanrahmen instandgesetzt werden sollen und man unter Zeitdruck plötzlich improvisieren muss. Wer frisch startet oder aus einem anderen Handwerk wechselt, bemerkt rasch: Es genügt nicht, sauber zu arbeiten. Augenmaß, ein Gefühl für Materialspannungen – und der Mut, beim Fräsen oder Löten an der richtigen Stelle zu stoppen oder auch mal einen Rückzieher zu machen. Das alles ist keine Magie, eher eine Mischung aus Erfahrung und der Bereitschaft, Fehler nicht zu ignorieren, sondern sie auszubügeln. Und das, während nebenan schon der nächste Kunde nervös mit dem Fuß wippt.
Bochum ist weder Berlin noch München – dafür spricht schon die Arbeitsstruktur: Weniger große Ketten, mehr inhabergeführte Betriebe, oft mit familiärer Atmosphäre, aber auch mit klarer Erwartung, dass man im Zweifel mit anpackt, wenn es mal stockt. Wer hier als Berufseinsteiger oder als erfahrener Werkstattprofi unterwegs ist, bekommt nicht nur ein Gehalt (meist zwischen 2.300 € und 2.700 € zum Einstieg, mit Erfahrung und Zusatzaufgaben steigen Gehälter auf 3.000 € bis 3.400 €), sondern auch ein nicht zu unterschätzendes Maß an Vertrauen. Was viele, gerade nach Jahren im Verkauf, überrascht: In der Werkstatt bist du nicht nur Dienstleister, sondern Problemlöser, Materialprofi und – ganz ehrlich – manchmal auch der stille Held, der alles zum Laufen bringt, was andere aufgegeben hätten.
Die Vorstellung, dass Optikerarbeit „irgendwie ausstirbt“, geistert seit Jahren durch die Branche. Digitalisierung, Online-Konkurrenz, Lasertechnik. Ja, es stimmt: Automatisierte Schleifcenter und modernste Maschinen bestimmen mittlerweile auch in Bochum den Werkstattalltag, aber die alte Finesse? Die stirbt nicht so einfach aus. Es braucht Menschen, die nicht nur die Automatik-Taste drücken, sondern Feinjustierungen per Hand vornehmen, Eigenarten am Material erkennen und wissen, wann Technik alleine eben nicht reicht. Viele realisieren beim Anblick einer liebevoll nachgebogenen Vintage-Brille erst, wie viel versteckter Stolz in so einem Beruf steckt – ohne großes Aufheben.
Manchmal – ich gebe es zu – beneide ich niemanden, der neu in der Bochumer Werkstattwelt startet, voller Respekt vor winzigen Schraubenköpfen und Kunden, die alles „mal eben schnell“ brauchen. Doch dann gibt’s diese Momente: Ein zufriedener Blick durchs neue Brillenglas, ein Hauch Stolz nach einer geglückten Reparatur, ein Wort mehr als „Passt perfekt!“. Wer nicht davor zurückschreckt, auch mal gegen den Strom zu feilen, wird merken: Dieser Beruf hat mehr Facetten als jede Designerbrille – und dazu die Unverwechselbarkeit des Ruhrpotts. So. Genug Sentimentalität – nächster Auftrag bitte!
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