Hochschule Ruhr West | Mülheim an der Ruhr
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Jeder, der „Assistent Pressestelle“ hört, stellt sich vermutlich irgendwas zwischen flinken Fingern am Telefon und Menschen mit spröden Lippen vor, die Pressemitteilungen vorlesen, als seien es Heiligen-Schriften. Aber Münster ist nicht Berlin-Mitte. Hier ticken die Uhren leiser, der Wind bläst oft von vorn, und wer in einer Pressestelle aufschlägt – egal ob mit frischem Abschluss, als Seitenwechsler oder mit gestähltem Nervenkostüm –, der bekommt das schnell zu spüren: Es ist ein Spagat zwischen dem Jonglieren von Anfragen, dem Sondieren von Stimmungen und dem Formulieren mit Biss. Klingt nach Zirkus? Ist es manchmal auch.
Manchmal frage ich mich selbst: „Warum braucht man überhaupt einen Assistenten in der Pressestelle, wenn doch schon so viele Köpfe kommunizieren?“ Tatsächlich liegt in der täglichen Routine fast keine Routine. Morgens Pressemonitoring – klar, Münster hat zwar keine internationalen Nachrichtenagenturen, aber lokale Medien, Uni-Blättchen und interessante Online-Foren können für die Verwaltung, NGOs oder mittelständische Unternehmen mindestens so heikel werden wie ein übergekochter regionaler Wahlkampf. Parallel rödeln E-Mails rein, der Chef will ein Statement korrigiert haben, das Logo auf dem Social-Media-Post sitzt wieder schief (und ja, irgendwem fällt das wirklich auf), und ein Kollege ruft „Die Lokalzeit will noch ein O-Ton zur Parkraumbewirtschaftung.“ Gute Nacht.
Wer glaubt, man brauche nur einen eleganten Schreibstil und gute Kontakte, der unterschätzt die feinen Unterschiede dieses Berufsfeldes. Im Münsterland liebt man Understatement, aber in der Pressearbeit ist Zurückhaltung fehl am Platz – das Puzzle passt nie ganz zusammen. Assistenten müssen mit Hierarchien klarkommen, sich gleichzeitig als Schnittstelle zwischen externen Medien, ressourcenhungrigen Kolleg:innen und einer zuweilen schwerfälligen Verwaltung behaupten. Der Trick? Flexibilität. Heute Social-Media-Krisenmanager, morgen Recherchefuchs. Ab und zu werde ich gefragt: „Wie hält man diesen Spagat aus?“ Ehrlich: Viel Kaffee, trockenen Humor und die Bereitschaft, Münsteraner Dickköpfigkeit nicht persönlich zu nehmen. Gehört dazu.
Reden wir nicht drumherum. In Münster sind die Gehälter für Assistenten in Pressestellen solide, aber keine Lizenz zum Glücklichwerden. Wer anfangs mit 2.700 € bis 3.200 € startet, hat schon ein typisches Spektrum getroffen – in kleineren Institutionen manchmal weniger, bei großen Unternehmen und städtisch geprägten Arbeitgebern, gern auch mal mehr, aber selten mehr als 3.700 €. Wer vergleichsweise frei agiert (zum Beispiel in einer NGO oder einer innovativen Behörde), kann durch projektbezogene Zulagen und flexible Arbeitszeiten punkten. Aber: Die Lebenshaltungskosten in Münster – Stichwort Wohnungsmarkt, Fahrradklau-Quote und Hipsterkaffees – sollte niemand unterschätzen. Ich habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass das viele „Soft Power“ in der Kommunikation nicht immer auf dem Gehaltszettel landet.
Aus meiner Sicht ist das Schönste an diesem Beruf, dass er zum Weiterdenken zwingt. Wer in Münster als Pressestellen-Assistent arbeitet, kommt – ob gewollt oder nicht – mit Zukunftsthemen in Berührung: Digitalisierung, datengetriebene Kommunikationsstrategien und die Zunahme an zielgruppenspezifischer Öffentlichkeitsarbeit sorgen dafür, dass Stillstand kein Dauerzustand ist. Die Stadt selbst, mit ihrer Wechselwirkung aus Wissenschaft, studentischem Leben und mittelständischer Wirtschaft, bietet eine Vielzahl von Weiterbildungsangeboten. Frage ich mich manchmal, ob man dabei nicht im Kursdschungel untergeht? Sicher, aber der Wunsch nach Entfaltung ist hier ansteckend. Wer den Mut hat, selbst zu gestalten statt nur vorformulierte Sätze auszutauschen, findet in Münster erstaunlich viele Türen offen. Das ist vielleicht das, was viele unterschätzen: Der Pressestellen-Assistent ist weniger Papierbändiger, mehr Möglichmacher als gedacht. Und das, zumindest in Münster, ist ein Job, dem das Etikett „alltäglich“ selten gerecht wird.
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