Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) | 24103 Kiel
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Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) | 24103 Kiel
Wer in Kiel als Assistentin oder Assistent einer Pressestelle anheuert – sei es bei einem klassischen Medienhaus, einer städtischen Behörde oder im öffentlichen Bildungssektor –, will meist mehr als nur Textbausteine jonglieren. Viele kommen mit dem stillen Wunsch: Endlich nah dran sein am Geschehen, ein bisschen mitmischen zwischen Öffentlichkeit, Strategie und – ja, manchmal sogar Krisenkommunikation. Und ach: Die Lust an Sprache, an Organisation, an dem kleinen Kitzel einer sauber geführten Telefonliste. Manchmal reicht das schon.
Was diesen Beruf ausmacht? Es ist weniger das strahlende Rampenlicht als vielmehr die kurze, klare Direktive am Morgen: Pressemeldungen auf den Punkt bringen, Termine jonglieren, O-Töne einfangen, intern wie extern. Man darf sich – das verrät einem am ersten Tag kein Mensch – auf ein Spielfeld gefasst machen, in dem nie alles nach Plan läuft. Kiel ist hier übrigens besonders charmant ruppig: Die städtischen Wege sind kurz, aber manchmal auch eigensinnig, Kommunikation fließt, verhakt sich, nimmt Anlauf und bricht ab – und mittendrin sitzen Sie, schieben nach, fangen ein, korrigieren, lächeln am Telefon („Ja, ich geb’s gern weiter, aber ...“).
Jetzt zur Frage, die viele leise stellen: Muss ich studiert haben? Jein. In Kiel findet man im öffentlichen Sektor und bei größeren Unternehmen meist eher die mit einem soliden Abschluss in Kommunikationswissenschaft, Germanistik – oder ehrlich gesagt: Leuten, die Lesen und Schreiben lieben, sich nicht schämen, es zuzugeben. Andererseits: Wer das Redigieren beherrscht, seinen Kalender im Griff hat – und keine Angst vor der vierten Korrekturschleife –, findet oft einen Weg rein. Quereinsteiger mit journalistischer Neugier und Organisationstalent landen ebenso im Team wie Menschen, die an einer verlässlichen Aufgabenstruktur Freude haben. Was viele unterschätzen: Auch ohne schillernden Hochschulabschluss gibt es Einfallstore, vor allem, wenn die Chemie stimmt und ein Händchen für pragmatische Lösungen unverkennbar ist.
Zum Stichwort „Gehalt“ – ja, darüber wird selten offen gesprochen, doch es bleibt eine der Fragen: In Kiel schwanken die Einstiegsgehälter häufig zwischen 2.500 € und 3.200 € – je nach Arbeitgeber, Tariflage und – Hand aufs Herz – Geschick beim Verhandeln. Die Bandbreite ist da und lebt von regionalen Unterschieden: In öffentlichen Behörden ist die Bezahlung oft an TVöD oder vergleichbare Tarife gekoppelt, private Unternehmen bzw. Verbände finanzieren nach eigenem Standard, der mal erfreulich, mal ernüchternd ausfallen kann. Ein wirkliches Geheimnis? Nicht in Kiel – man spricht vielleicht nicht laut darüber, aber jeder kennt jemanden, der’s weiß.
Was auffällt – und hier rate ich immer zu einer Prise Selbstreflexion: Es ist ein sehr vielseitiges, manchmal sogar widersprüchliches Arbeitsklima. Heute helfen Sie einer kleinen Kulturinitiative, Gehör zu finden, morgen stimmen Sie Verlautbarungen ab, deren Wortwahl zwischen „bitte möglichst nichtssagend“ und „schützen Sie uns vor Shitstorms“ pendelt. Kiel hat zudem seine ganz eigenen Rhythmusstörungen: Mal drängen Regionalthemen, mal die maritime Wirtschaft – und plötzlich ist das geplante Pressegespräch ad acta, weil irgendwo ein Großprojekt Schlagzeilen macht. Wer hier nicht bereit ist, spontan umzuschwenken, sich auf kurze Kommunikationswege und das sprichwörtliche „Kieler Wetter“ einzulassen (also, meteorologisch und zwischenmenschlich), wird schnell nervös.
Apropos Weiterentwicklung. In den letzten Jahren haben in Kiel viele Pressestellen einen Digitalisierungsschub durchlaufen: Medienmonitoring, Social-Media-Feedback, Live-Streaming von Pressekonferenzen – die Aufgabenpalette wächst, ebenso wie der Druck, mehrere Kanäle parallel zu bespielen. Wer immer noch denkt, das sei Job für bekennende E-Mail-Liebhaber, ist auf dem Holzweg. Technikkompetenz? Wird inzwischen fast vorausgesetzt – keine High-End-IT, aber souveräner Umgang mit Redaktionssystemen, Bildbearbeitung, digitalen Verteilerlisten. Das trifft gerade Berufseinsteiger gelegentlich unerwartet. Oder wie mir neulich ein Kollege aus der Landeshauptstadt steckte: „Die schönste Pressemitteilung nützt Null, wenn der Social-Kanal lahmt.“ Ist so.
Am Ende bleibt dieser Beruf eine merkwürdige Mischung aus Handwerk und Improvisation. Und, klar: Wer Routine mag, bekommt sie – aber eben nie ganz ohne den Kiel-typischen Drall ins Spontane, manchmal Schräge. Das ist keine Raketenwissenschaft – aber eben auch kein Spaziergang am Fördeufer. Ich bin immer wieder überrascht, wie viel leise Professionalität unter der Oberfläche brodelt. Wer das mag, wer gern zwischen Sätzen, Schlagzeilen und Sinnfragen balanciert, wird sich hier ziemlich schnell zuhause fühlen. Und alle anderen? Nun, Kiel bleibt entspannt: Eine neue E-Mail ist immer nur einen Klick entfernt.
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