Hochschule Ruhr West | Mülheim an der Ruhr
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Klingt erstmal unscheinbar: „Assistent Pressestelle“ in Essen. Wer sich darunter nur das Abtippen von Pressemitteilungen und den täglichen Kaffee für die Leitung vorstellt, hat weder die Dynamik des Berufs noch die listigen Verflechtungen dieser Stadt verstanden. In Essen – ob für die Kommune, im Konzern oder bei Verbänden – ist die Pressestellen-Assistenz längst kein Nebenjob mehr. Zwischen digitalen Lawinen, regionalpolitischen Grabenkämpfen und Kommunikations-Chaos balanciert man auf einem erstaunlich schmalen Grat. Ich weiß, wovon ich spreche, nachdem ich selbst einmal mit beiden Beinen (und gelegentlich wackeligem Gleichgewicht) mitten im Getriebe einer Ruhrgebietspressestelle stand.
Der Beruf ist ein Chamäleon. Einen typischen Tag gibt es so gut wie nie. Nachts trudelt noch eine Rückfrage der Lokalredaktion ein, morgens verlangt der Vorstand plötzlich eine faktenreiche Übersicht für den Krisenordner. Und dann – als wäre das nicht genug – wartet da das omnipräsente Social Media mit seiner realitätsverzerrten Echtzeit-Logik. Wer in Essen als Pressestellen-Assistent arbeitet, jongliert zwischen klassischer Medienbeobachtung, Redigieren von Texten, Textbaustein-Generator und Schnittstelle zum Rathaus, zur Landesregierung oder auch mal zum „Mann auf der Straße“.
Zugegeben, es bleibt nicht viel Platz für Routine. Den Pressespiegel morgens sauber gepflegt, ein spontanes Statement zum neuen Schienenausbau aufbereitet, anschließend die Flut der Interviewanfragen – und am Nachmittag ist ein Flyer fürs Familienfest einzudampfen, politisch punktgenau und optisch halbwegs ansehlich. Klingt nach Büro mit Anzug und Schreibtisch? Eher ein Langstreckenlauf mit Schuhen, die selten richtig passen.
Was viele unterschätzen: Es geht nicht um wortreiches Palaver, sondern um punktgenaue Präzision. Verbalakrobatik hin oder her, auf den richtigen Tonfall kommt es an – und zwar je nach Adressat: Medienhaus, Verwaltung, Bürgerinitiative. Manchmal fragt man sich selbst, wie man hier noch den Überblick behält: Ein Ohr bei der Redaktion, ein Auge auf digitale Tools und die innere Ampel immer auf Gelb – falls wieder mal eine „kleine“ Krise durchs Netz zu rollen droht.
In Essen ist besonders die regionale Medienlandschaft ein eigensinniges Biest: Lokalzeitungen, Anzeigenblätter und eine informelle Szene aus Bloggern und Meinungsstarken – das sorgt für eine Art kommunikativen Kessel, in dem man mit Fingerspitzengefühl (und gelegentlich einer Prise Dickköpfigkeit) schalten und walten muss. Wer neu einsteigt, braucht Neugier, Ausdauer und erstaunlich viel Skepsis gegenüber der eigenen Perfektion. Und, Hand aufs Herz: Technische Versiertheit, sei es beim Content-Management, Medienmonitoring oder Social-Media-Tool, ist längst kein „nice to have“ mehr.
Sicher, der Sprung in die Pressestelle ist in Essen kein Selbstläufer. Einerseits wächst der Druck auf Verwaltungen und Unternehmen, transparent und schnell zu kommunizieren – das schafft Gelegenheiten für Jobneulinge und Wechselwillige. Andererseits: Die Hybridwelt zwischen handfester Pressearbeit und digitaler Dauervernetzung verlangt mehr als ein gepflegtes Deutsch. Essener Arbeitgeber – von Stadtverwaltung bis Energieriese – suchen kommunikative Multitalente, die sowohl die alte Gutenberg-Welt als auch TikTok-Logik verstehen. Genauso spannend: Einige Kultur- und Sozialinstitutionen in der Stadt professionalisieren derzeit ihre Außenkommunikation – hier winken neue Einstiegschancen und manchmal sogar die Möglichkeit, Prozesse wirklich mitzugestalten.
Das Gehaltsgefüge? Offen gesprochen: Die Spannweite ist enorm. Für Einsteiger rangiert die monatliche Vergütung – je nach Träger und individueller Erfahrung – oft zwischen 2.400 € und 2.900 €. Im Konzernumfeld oder mit wachsender Verantwortung kann das Niveau Stück für Stück auf 3.000 € bis 3.600 € anziehen. Was viele nicht bedenken: Gerade in kommunalen Strukturen geht es oft um mehr als den Zahltag – nämlich um die Möglichkeit, regionale Themen sichtbar zu machen oder tatsächlich Einfluss auf die städtische Diskussion zu nehmen.
Noch eine Sache, die oft stiefmütterlich angegangen wird: Weiterbildung. Technologische Sprünge, der Druck zu multimedialer Präsenz – da reicht der jährliche Textworkshop nicht mehr aus. In Essen bieten manche größere Träger Inhouse-Schulungen für den Umgang mit Content-Tools, Bild- und Videoproduktion oder Krisenkommunikation. Lokale Hochschulen und Akademien haben Seminare entwickelt, die ganz gezielt auf die Medien- und Presselandschaft des Ruhrgebiets zugeschnitten sind. Was sich daraus lernen lässt? Weiterentwicklung passiert letztlich im Alltag. Niemand steigt als Schreib-Virtuose oder Social Media-Flüsterer ein. Aber wer Lust hat, sich an den Härten dieses hektischen Alltags abzuarbeiten und dabei nicht jedes Lob sucht, findet in Essen einen Beruf mit Ecken und Kanten – und manchmal auch mit ordentlich Wumms.
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