Ludwig Fresenius Schulen Zwickau | 08056 Zwickau
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DIPLOMA Hochschule – Campus, Studien- und Prüfungszentrum Leipzig | 04103 Leipzig
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Montagmorgen, kurz vor acht in einer Chemnitzer Vorstadt: Die erste Kundin scharrt schon ungeduldig mit den Schuhen, noch bevor ich das Licht im Verkaufsraum anknipse. Willkommen im Alltag einer Apothekerassistentin – wobei, „Alltag“ ist schon fast eine Beschönigung. Hier wird’s selten langweilig, auch wenn Außenstehende gern glauben, man stehe den ganzen Tag nur Regale polierend am Tresen und gebe freundlich Päckchen über den Counter. Weit gefehlt. Wer in Chemnitz diesen Beruf wählt, der kriegt geballte Vielseitigkeit serviert – von Rezepturarbeit im weißen Kittel über hitzige Diskussionen um Lieferengpässe bis hin zu nächtlichem Anruf der Notdienstzentrale. Klingt hart? Ist es manchmal auch. Aber niemand hier hat je behauptet, dass es ein Job für Romantiker ist.
Was viele unterschätzen: Apothekerassistenten – korrekt müssten wir sagen „Pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten“, aber kürzer geht’s nun mal einfacher über die Zunge – sind weit mehr als Hilfskräfte fürs Verpacken bunter Tabletten. Chemnitz, inzwischen ja kein verschlafenes Nest mehr, bietet eine überraschend breite Palette an Möglichkeiten: Von der klassischen Vor-Ort-Apotheke mit ihrem Charme aus Messingbuchstaben, bis hin zu hochspezialisierten Krankenhausapotheken oder größeren Filialbetrieben, die sich mit Digitalisierung, Medikationsmanagement und Inhouse-Labors rühmen.
Man lernt auf Zuruf, auf den Punkt, manchmal auch durch die sprichwörtliche Bratpfanne. Da braucht es schon ein solides Gerüst: Fachwissen rund um Wirkstoffe, galenische Formulierungen, Rezepturpraxis, Datenschutzregelungen, soft skills für Beratung und tägliche Geduld mit Nörglern inklusive. In Chemnitz – und das meine ich durchaus als Kompliment – ist eine gewisse Bodenständigkeit unverzichtbar. Wer hier im Team einsteigt, sollte nichts gegen ab und zu mal ausgefallene Privatrezepte oder Patientinnen mit ganz eigenwilligen Ansichten haben. Manche Tage fühlen sich wie Sozialarbeit mit Bonuswissen an.
Jetzt könnte man behaupten, eine Apothekerassistentin in der Großstadt unterscheide sich kaum von einer Kollegin am Dorf. Unsinn. Die regionale Struktur, gerade in Sachsen, prägt die Realität ziemlich entscheidend. In Chemnitz gibt’s einen beachtlichen Anteil älterer Stammkundschaft – Menschen, die ihre Medikamente seit Jahrzehnten bei „ihrer“ Apotheke holen. Zwischen Mittwochvormittag und Mittwochnachmittag kommt die halbe Nachbarschaft auf einen kleinen Plausch, den Hinweis auf neue Lieferknappheiten oder auf die Notwendigkeit, doch mal die Rabattverträge ihres Kassenrezepts genauer anzuschauen. Hinzu kommt: Wer den Beruf hier wählt, sollte weder eine Scheu vor Mundart haben noch davor, manchmal zwischen Wirtschafts- und Gesundheitskrise zu pendeln. Corona, Lieferengpässe bei Blutdrucktabletten, verrutschte Zuzahlungsmodalitäten – Alltag in wechselnder Intensität.
Tabuthema Gehalt? Muss nicht sein. Realistisch liegt das Einstiegsgehalt in Chemnitz meist zwischen 2.500 € und 2.900 €, mit einigen Ausschlägen nach oben – je nach Einsatzort, Zusatzqualifikation und Verantwortungsbereich. Mit Berufserfahrung, vielleicht drei, fünf oder sieben Jahren auf dem Buckel, sind auch 3.000 € bis 3.400 € drin, Krankenhaus- oder Filialbetrieb vorausgesetzt. Sicher, das Sächsische Lohnniveau hängt so manchem westdeutschen Pendant weiterhin leicht hinterher, doch man überlege: Die Lebenshaltungskosten in Chemnitz sind überschaubarer, der Mietmarkt noch kein Haifischbecken. Was sich allerdings wirklich ändert: Das Gefühl der eigenen Relevanz. Lange Zeit wurde unser Beruf weit unter Wert verkauft – immerhin ändert sich da langsam was. Auch weil sich herumgesprochen hat, dass es ohne fachlich versierten Nachwuchs bald düster aussieht in so mancher Filiale.
Technisch tut sich was. Digitalisierung war zunächst so ein bisschen wie der Traum vom fliegenden Auto – klingt spannend, doch die Realität hinkte gnadenlos hinterher. Inzwischen ziehen Apotheken nach: Medikationsmanagement per App, digitale Rezeptabwicklung, stets neue Prozesse, deren Sinn sich anfangs nicht immer erschließt (und gelegentlich tröstet ein trockener Spruch im Backoffice mehr als ein gelungenes Software-Update). Weiterbildung? Unverzichtbar. Wer glaubt, nach dem Abschluss ließe sich’s ausruhen, wird hier rasch eines Besseren belehrt: Laborpraxis, Notfallmanagement, Arzneimitteltherapiesicherheit – alles permanent in Bewegung, vieles im Umbruch.
Manchmal, beim zweiten Kaffee nach Feierabend, frage ich mich: Hätte ich was Leichteres wählen sollen? Vielleicht. Aber nur selten. Denn trotz allem – und gerade wegen der manchmal bissigen Chemnitzer Alltagsmentalität – hält mich dieser Beruf fest im Sattel. Am Ende zählt eben nicht nur die Rezeptur, sondern dass man zwischen Mensch und Wirkstoff einen guten Draht behält. Und daran mangelt’s in Chemnitz sicher nicht.
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