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PricewaterhouseCoopers GmbH WPG | 40213 Düsseldorf

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											Mitten im strukturierten Alltag zwischen Grünland, Uni-Instituten und industriellen Riesen – so stolpert man als Agraringenieur in Aachen durch die ersten Berufsjahre. Wer zufällig an einem Dienstagmorgen über die Felder bei Alsdorf fährt und das leise Brummen der Drohnen über den Rüben hört, kann die Bandbreite dieses Berufs fast greifen. Technik trifft auf Erde, Theorie auf Praxis. Und während irgendwo in der Ferne das nächste Forschungszentrum zum Thema „precision farming“ eröffnet, richten auf einem Hof zwei Dörfer weiter Vater und Tochter knirschend das alte Mähwerk. Der Spagat beginnt dort, wo der Job überhaupt erst Fuß fasst: Mittendrin im Grenzgebiet zwischen Hightech und Tradition.
Die Ausgangslage ist, zumindest aus der Perspektive von Berufseinsteigerinnen und wechselwilligen Machern, alles andere als trivial. Aachen – nicht die erste Adresse, die einem in den Sinn kommt, wenn man an Agrarwirtschaft denkt. Eher Technik, eher Ingenieurwesen, eher Softeismaschine im Dreiländereck. Und dennoch: Die Region lebt von und mit ihrer Landwirtschaft. Zuckerfabriken, Saatgutzüchter, Agrotech-Unternehmen, dazu die Forschungs-Cluster der Rheinischen Hochschule – daraus erwächst ein Arbeitsmarkt, der breiter ist, als man denkt. Wer solide studiert hat und über Praxiskenntnisse aus Freilauf und Labor verfügt, kann mit einem Einstieg zwischen 2.800 € und 3.200 € rechnen. Ein bisschen mehr, wenn’s in Richtung Privatwirtschaft oder Hightech-Beratung geht. Weniger, wenn es zurück auf den elterlichen Hof zieht (wer da überhaupt noch ein fixes Gehalt erwartet, hat die landwirtschaftliche Realität vermutlich nie mit eigenen Händen gespürt).
Aber Gehalt ist selten die Kernfrage. Viel entscheidender ist der inhaltliche Anspruch – oder besser: die permanente Erwartung an fachliche Vielseitigkeit. Mal geht’s um die Düngeverordnung, dann um Digitalisierung, bald um den regionalen Wasserhaushalt. Die Anforderungen? Keine einfache Checkliste. Rein technisch gesprochen: Junge Agraringenieure in Aachen landen (oft unwillkürlich) irgendwo zwischen Agrarökologie, IT-Optimierung und Betriebswirtschaft – mit gelegentlichen Abstechern in lokalpolitische Zankereien, etwa wenn die nächste Biogasanlage vor Ort auf Widerstand trifft. Klingt unübersichtlich? Ist es auch. Aber: Wer Ambivalenz nicht aushält, ist hier sowieso falsch.
Was viele unterschätzen: Das Alleinstellungsmerkmal liegt nicht im Spezialwissen, sondern im Spagat zwischen Windkraftplanung, Behördenkommunikation und handfesten Arbeitsstiefeln. Ein Arbeitstag kann mit einer Drohnenschulung beginnen, im eu-konformen Disput mit dem Fördertöpfe-Juristen fortgeführt werden und abends mit Erdklumpen an den Schuhen enden. Dabei geht in Aachen gerade in puncto Digitalisierung einiges voran – auch, weil die regionale Forschungslandschaft Welten öffnet, die anderswo im Land noch Zukunftsmusik sind. Satte Fördergelder für Präzisionslandwirtschaft, Sensorik-Start-ups und nachhaltige Düngesysteme sorgen zumindest bei den Innovationsmutigen für leuchtende Augen (und manchmal für quälende Gewissensfragen: „Ist das jetzt noch Landwirtschaft…?“).
Manchmal frage ich mich, ob dieser Beruf nicht gerade in Aachen so besonders fordernd ist, weil er so wenige Blaupausen kennt. Was macht eine Agraringenieurin, die sich zwischen den Erwartungen der Familie, dem technologischen Fortschritt und den Richtlinien aus Brüssel zurechtfinden muss? Vieles, aber selten stupide Routinen. Stimmt schon – mitunter stellt sich das Gefühl ein, mehr Sein als Schein abliefern zu müssen. Aber ehrlich: Wer Lust auf ein Arbeitsumfeld mit rauen Bruchkanten hat, das Stehen im Aachener Regen nicht scheut und sich weder vom Agrarkongress noch vom Traktor-Lenkrad einschüchtern lässt, findet hier mehr Zukunft, als die Statistik verrät. Die Aussicht: wandelbar, hybrid – und ganz sicher nie ohne Überraschungen.

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